McCoy Tyner & Joe Henderson
Live Album 'Forces of Nature: Live at Slugs''
TEXT: Heinz Schlinkert | FOTO: Blue Note Records
Das Album „Forces of Nature: Live at Slugs’“ ist Ende des vergangenen Jahres erschienen, eine bisher unveröffentlichte Live-Aufnahme der beiden Jazzlegenden Alfred McCoy Tyner und Joe Henderson. 1966 waren die beiden zusammen mit Bassist Henry Grimes und Schlagzeuger Jack DeJohnette im ehemaligen New Yorker Jazzclub Slugs‘ Saloon aufgetreten. Seit 1966 befand sich das Band mit der Aufnahme in Jack DeJohnettes persönlichem Archiv und erblickt nun zum ersten Mal das Licht der Welt.
Alfred McCoy Tyner, Joe Henderson, Henry Grimes, Jack DeJohnette
McCoy Tyner, Henderson, Grimes, DeJohnette – diese vier Namen stehen für ein wichtiges Stück Jazzgeschichte. 1966 beim Konzert waren sie erst 28, 29, 31 und 23 Jahre alt, also noch am Beginn ihrer langen Karrieren.
Der Pianist McCoy Tyner hatte vorher zeitweise im ‚Art Farmer – Benny Golson Jazztet’ gespielt, schloss sich 1960 John Coltrane an und gehörte bis 1965 zu Coltranes Quartet mit Jimmy Garrison und Elvin Jones, war also auch bei ‚A Love Supreme‘ dabei.
Joe Henderson war stark vom Hard Bop beeinflusst und hat von 1963 bis 1968 fast 30 Alben für Blue Note aufgenommen. Er spielte eine wichtige Rolle in den Bands von Horace Silver, Herbie Hancock und Lee Morgan und war für seine Vielseitigkeit bekannt.
Auch der Bassist Henry Grimes war im Hard Bop unterwegs, vor allem mit Sonny Rollins und Thelonious Monk, später widmete er sich dem Free Jazz. Ein Jahr nach dem Konzert verschwand er aus der Öffentlichkeit und wurde totgesagt, gut 30 Jahre später gelang ihm ein Comeback.
Der Drummer Jack DeJohnette spielte schon in den frühen 1960er Jahren mit John Coltrane. 1968 wer er beim Bill Evans Trio, im gleichen Jahr fungierte er als Hauptschlagzeuger in Miles Davis’ Band bei ‚Bitches Brew’ und ist seitdem ein weltweit anerkannter Drummer.
Energie im UpTempo
All das spielt in dieses energiegeladene Live-Konzert hinein. Basierend auf dem Hard Bop, im Gefolge des Free Jazz und getragen von der FusionJazz-Welle spielen die vier Musiker oft im UpTempo. Und jeweils sehr lang, was wohl mit der Konzert-Atmosphäre zu erklären ist. Da sind wirklich 'Forces of Nature', wahre Naturgewalten, am Werk.
Komponiert haben alle vier, vor allem Joe Henderson (‚In ‘N Out’ 26‘ und ‚Isotope‘ 7‘) und McCoy Tyner (‚The Believer’ 10‘). ‚Taking Off’ (28‘) haben alle zusammen komponiert,
Sax und Piano wechseln sich meist mit ihren Soli ab, Bass und Drums entwickeln dazu eine unglaubliche Dynamik. Ruhiger wirds nur bei ‚We’ll Be Together Again‘, eine Komposition von Carl Fischer und Frankie Laine. Doch signifikante Unterschiede im Sound sind kaum erkennbar.
CD und LP enthalten ein ausführliches Booklet mit seltenen Fotos von Francis Wolff, Raymond Ross und Robert Polillo. Dazu kommen Linernotes des Autors, die nicht besser werden, wenn man sie mühevoll ins Deutsche übersetzt. Dabei spielt die Selbst-Beweihräucherung eine große Rolle. Interviews u. a. mit Joe Lovano, Joshua Redman und Christian McBride ergänzen das ausführliche Booklet.
Eine zweifellos historische Aufnahme!
McCoy Tyner & Joe Henderson - Forces of Nature: Live at Slugs
Label: Blue Note, 1966
Bestellnummer: 11978119
Erscheinungstermin: 22.11.2024