Matthieu Bordenave
The Blue Land
TEXT: Peter E. Rytz |
Mit dem Saxofonisten Matthieu Bordenave verbinden sich seit seinem ECM-Debüt La traversée Assoziationen des Fließens: Panta rhei. Dieses Trio mit Florian Weber (p) und Patrice Moret (b), mit James Maddren (dr) zum Quartett erweitert, hat sich mit der CD The Blue Land nichts weniger vorgenommen, als einen globalen, von allen mitgestalteten Klangcharakter zu kreieren.
Das gelingt scheinbar wie von selbst mit melodischem Erfindungsreichtum. Mit Maddren, zuletzt bei ECM auf Vermillion 2022 mit Kit Downes (p) und Petter Eldh (b) unerbittlich pulsierend zu hören, verstärkt sich das Meditative wie das Aufbegehrende. Ruhe und Sturm energetisch konzentriert. Nacheinander einsetzend, spinnen sie überraschende, interaktive gleichwohl autonome Sound-Linien. Quartett-Erkundungen, die, um einen inneren, dynamisch variablen Kern versammelt, ins Offene, ins romantisch blau Gefärbte führen.
Poetisch programmatisch eröffnet Weber mit La Porte Entrouverte behutsam die angelehnte Tür. Bordenaves Saxophon öffnet sie mit meditativer Innigkeit. Vehement vom Bass Morets und Maddrens pulsierendem Kontrapunkt angestimmt, scheinen sie nur darauf zu warten, In Blue Land eingelassen zu werden. Compassion deklinieren sie gemeinsam in einem Mix von geplanten und improvisatorischen Elementen. John Coltrane ist für sie kein gnädiger Herrscher und sie schon gar nicht seine Feinde, wie die persische Zuschreibung Cyrus nahelegt.
Die Mannen um Bordenave justieren ihre Instrumente individuell konzis (Refraction), indem sie sie über alle Distanzen hinweg wachsam zu einem einvernehmlichen Ganzen modulieren (Distance). Ein jeder für sich und für alle (Three Four). Bordenave durchmisst die Klangfarbigkeit mit dem Sopransaxophon (Timbre), weist den Weg in die Stille einer Bergwelt (Three Peaks). Unwillkürlich fällt einem Goethes Gedichtzeile Über allen Gipfeln ist Ruh‘ ein. Kaum einen Hauch noch zu spüren, verklingt The Blue Land wie eine romantische Ode im Ohr.
ALBUM