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Marilyn Mazur`s Future Song

Live Reflections

Marl, 17.12.2020
TEXT: Stefan Pieper | 

Marilyn Mazur wollte ihr eigenes Ding machen – und die Welt ist doch viel zu groß, um nur an einem Ort stehen zu bleiben. Nach ihrer Mitwirkung in den Bands von Miles Davis, zog es die in Norwegen geborene Perkussionistin, Schlagzeugerin, Komponistin und Pianistin zurück nach Europa. Vor allem in der norwegischen Szene ergab sich viel Neues für sie. Die Band „Future Song“ wurde für sie zu einem ruhigen Pol inmitten der zahllosen Projekte und Kollaborationen. Das neue Album „Live Reflections“ legt einmal mehr Zeugnis ab von einem kreativen Idealismus, mit dem hier Jazzimprovisation, rockige Klangmassen, meditative Zustände, nordische Melancholie und indische Einflüsse miteinander eins werden.

Seit 1989 Jahren dominiert hier vor allem eine Tugend: Sich Zeit nehmen und Dinge reifen lassen. Gerade einmal vier Alben im gesamten Zeitraum von mussten reichen. Nach langer Pause hat sich „Future Song“ in diesem Jahr mit einem neuen Release zurück gemeldet. Dieses erfindet zwar nicht die musikalische Zukunft neu, aber es lässt tiefe musikalische Erfahrungen in neuen Klangfarben aufleben - und macht zuweilen mächtig Druck dabei. Auf dem neuen Album "Live Reflections" zeigt sich zudem eine überaus kraftvolle Band, die auf den Jazzfestivals von Kopenhagen und Molde zur gemeinsamen Höchstform auflief.

Allein schon der Opener dokumentiert den Willen zur Größe: Wie ein mystischer Sonnenaufgang wirkt ein Rezitativ aus Nils Petter Molvaers Trompete ganz zu Beginn. Gongs und Glocken aus den Händen der Bandleaderin Marilyn Mazur geben dieser Fantasiereise zum Einstieg noch mehr Futter. Einmal in solche Welten erhoben, setzt das nächste Stück einen schleppenden Höllengroove mit abgrundtiefen Bass-Gewittern dagegen.

Aber das Miteinander aus mystischer Erhabenheit und überkochender Wucht ist weiterhin sorgsam dosiert und sämtliche Ausführenden sind sich ihrer Rollen bewusst. Schlagzeuger Audun Kleive leistet die Kraftarbeit, während Marilyn Mazur für die fantasievollen Verfeinerungen zuständig ist. Unerbittlich präzise lenkt Bassist Klavs Hovmann die Geschicke – auch und gerade, wenn im längsten Stück „The Holy“ ein neuer schwerer Lavastrom ins Rollen kommt. Was dann auch wieder neue, ekstatische, psychedelische Einwürfe von Nils Petter Molvaer, Eivind Aarset (Gitarren im weitesten Sinne) und Elivra Plenar (Keyboards) freisetzt. Etwas freisetzen – darum geht es auch den Sängerinnen Aina Kemanis und Tone Aase. Ihr instrumental eingesetzten Gesangsstimmen geben Stücken wie „Dreamfog Mountains“ ihre mystische Aura.

Es kommt immer wieder anders, auch das macht die Erhabenheit dieser „Live Reflections“ aus. Die letzte Nummer kommt sofort auf den Punkt, zieht hinein in die einen nordischen Winter und heißt daher auch „Vinterstykke“. Drei Minuten reichen dem Saxonisten Hans Ulrik, um in einer eine traurig-schönen Linie alles zu sagen, während der Synthesizer untenrum wärmt.

„Live Reflections“ ist nicht nur für Klang-Freaks genau das richtige. Das Release auf dem „Stunt“-Label ist auch ein Türöffner für die drei, nicht minder detailversessenen Vorgängeralbum dieser Band (ihrerseits erschienen auf ECM).

CD

Marilyn Mazur`s Future Song

Live Reflection

Stunt records 2020

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