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Marcin Wasilewski Trio

En attendant

Mülheim a.d.R., 10.10.2021
TEXT: Peter E. Rytz | 

Entschleunigung beim Warten

Das Marcin Wasilewski Trio, in der jetzigen Konstellation seit fünfundzwanzig Jahren zusammen, ist schon seit geraumer Zeit in der Szene angekommen. Mit En attendant veröffentlichen sie bereits die siebente CD bei ECM. Der Jazz-Ritterschlag ist damit schon Geschichte, doch nicht ihr Ende.

Mit dem legendären Trompeter Tomasz Stańko (1942 - 2018), dem polnischen National-Helden des Jazz, berühmt geworden, folgen sie seit ihrer Einspielung Komeda – Simple Acoustic Trio (1995) einem lyrisch poetisch gestimmten Weg. Von Stańko entdeckt, schöpfen die drei ehemaligen Teenager aus eigenen Energiequellen und vertrauen seitdem ihrem musikalisch freien und offenen Instinkt.

Der Titel En attendant ist keine in situ Beschreibung Beim Warten. Sie warten schon lange nicht mehr auf das ihnen musikalische Eigene. En attendant ist vielmehr Ergebnis nonchalant entspannten Wartens im Studio auf einen Saxophonisten für eine Aufnahme. Kreativ genutzte Zeit zum Improvisieren und Neuinterpretieren.

harmonisch geerdet....

Fluid leicht schweben die Songs mit symbiotischer Selbstverständlichkeit ins Ohr. Seelenbewegt schwingen sie, wundervoll harmonisch geerdet. Changierend zwischen Wasilewskis pianistischer Kultur des Anschlags mit Variation 25 in seiner Interpretation nach Johann Sebastian Bachs pianistischem Master Piece Goldberg-Variationen und Carla Bleys Komposition Vashkar deklinieren sie kontinuierlich im Status In Motion (Part I – III).

Kein Stillstand, nirgends auf dieser CD. Bewegte Wechsel zwischen den Polen solistischer Lyrismen und kraftvoll kantiger Griffigkeit, die weiterhin voll jugendlicher Energie sprühen. Dass es ihnen neben Improvisationen und Jazzstandards gelingt, mit Riders On The Storm gecoverte Pop- und Rockballaden mit substantiell neu reflektierten Attributen in ihr Programm zu integrieren, spricht für sich.

Marcin Wasilewski, zweifellos einem der besten Pianisten seiner Generation, gelingt es, zusammen mit seinen kongenialen Begleitern, dem Bassisten Slawomir Kurkiewicz und dem Schlagzeuger Michal Miskiewicz einen außergewöhnlichen, hypnotisch versammelten Flow zu entwickeln, der rauschhaftes Potential hat. Verbunden in motivisch wechselnden Tonfiguren, vernebelt der Sound nicht mit kalkuliert gesetzten Räuschen.

Ein aufregende Reise, die trotzdem, und vielleicht gerade deswegen, En attendant entschleunigt.

07.10.2021

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