Live in Japan
VocColours & Yoichiro Kita
TEXT: Uwe Bräutigam | FOTO: Akiko Nakayama
Das NRW Vokalensemble VocColours ist 2017 in Tokyo auf dem Festival Jazz Art Sengawa aufgetreten. Mit VocColours zusammen spielte der berühmte japanische Trompeter Yoichiro Kita. Nun ist eine CD mit dem Live Mitschnitt aus Tokyo erschienen.
Auf der CD sind zwei japanisch betitelte Stücke, ein längeres Jungust (38:51) und ein kürzeres Yurei no Warutsu (10:52).
Das erste lange Stück ist bei aller Vielfalt insgesamt etwas ruhiger und dunkler als das zweite Stück. Was nicht heißen soll, dass auf Jungust keine lauten und expressiven Elemente zu finden sind.
Mit leisen Klopfgeräuschen und Zirpen, wie von Vogelstimmen wird das Stück eingeleitet. Etwas später folgen Klänge, die an Geräusche im Dschungel erinnern und an aufgescheuchte Tiere.
Sprachfetzen, dumpfes Grollen, Gesangsfetzen, die zu einem Crescendo anschwellen und Gesang, der nach sakralen Liedern aus einem Höhlenkloster klingt. Dann werden die Trompetentöne von Yoichiro Kita deutlich. Hallig, dumpfer rhythmischer Sprechgesang geht in Geschrei, Gebrüll und Röcheln über, immer hektischer, wie ein zu schnell laufendes Tape. Die Trompete wird wieder prominenter, eine wilde Kakophonie entfaltet sich, begleitet von einem wiederholten rhythmischen Summen. Archaisch anmutender Gesang entfaltet sich. Langsam klingt alles mit leisen Stimmen aus.
Der Summton setzt wieder ein, dumpfer Gesang, leise Klänge, Gesang mit unterschiedliche Rhythmen und dann kommt die Trompete wieder in den Vordergrund, lange gehaltene Töne, dann schnelle Linien, die wieder in einen Halteton übergehen. Lauter Bassgesang. Es folgt ein Klingklang, der leise immer mehr zur Ruhe kommt.
Das zweite Stück ist dichter, wilder und druckvoller. Während sich die Klänge im ersten Stück mehr entfalten, werden sie im zweiten Stück verdichtet.
Es beginnt mit Tönen, Sprechen, Geräuschen und Musik von Trompete und Bassklarinette. Dann schnelles lautes Sprechen, Flötenklänge, expressive Musik, Geräusche, melodische Musik mit Gesang, Wortfetzen und als Ausklang Chorgesang.
In diesem Stück sind auch drei weitere Musiker dabei: Keiko Komori (Bassklarinette), Koichi Makigami (Theremin, Stimme) und Morgan Fischer (Keyboards, Toys).
Zwei unterschiedliche Stücke, die sich ergänzen und beide ihren ganz eigenen Reiz haben.
All diese Klänge sind nicht bloß aneinander gereiht, sondern gehen ineinander über und überlagern sich. Sie entwickeln sich, wie eine Landschaft. Die Zuhörenden werden durch Dschungel und wilde schroffe Landschaften geführt, durch Tag und Nacht, durch wilde Gewässer, hektische Marktplätze und alte Klosterruinen.
Wie auch bei den vorangegangenen CDs schaffen VocColours es wieder einen in sich kohärenten Klangraum zu erschaffen, in dem fast alles möglich ist, der aber, trotz aller Brüche und Freiheit der Improvisation, ein in sich geschlossenes Gebilde voller Vielfalt ist.
VocColours & Yoichiro Kita – Live in Japan
Creative Sources Recordings CD 623
Links zu den Besprechungen der beiden vorangegangenen CDs:
https://www.nrwjazz.net/jazzreports/2019/Ganglia_CD_von_VocColours_und_Andrei_Razin/
https://www.nrwjazz.net/jazzreports/2017/Voccolours_Russian_Affair_CD/