Kontrasax
Die Kunst des Reisens
TEXT: Stefan Pieper |
„Die Kunst des Reisens“ hat das Duo"Kontrasax" sein aktuelles Album genannt. Die Zeichen stehen auf Fernweh. Das suggerieren allein schon viele Titel auf dem aktuellen Album: Ramallah Park, Nachtzug, Afrika, Raga oder Shakuhachi nennen sich diese beispielsweise. Dass Christina Fuchs (Klarinette und Saofon) und Romy Herzberg (Kontrabass) mit diesem Album eine künstlerische Bilanz dreier produktiver Jahrzehnte ziehen wollen, nimmt man den beiden angesichts des traumwandlerischen Reifegrads dieser Musik ohne weiteres ab.
Die beiden erfahrenen Kölner Musikerinnen bilden schon seit 30 Jahren dieses Duo bzw. „eine sich ständig erneuernde, kontinuierliche Working Band“. Sehr gerne wird die Verbindung zwischen Literatur, Film, Tanz und bildender Kunst gepflegt. Im Kern geht es um die perfekte Symbiose zwischen den Musikerinnen mit dem Ziel einer „musikalisch-kommunikativen Dialektik“, wie es Georg Ruby, Betreiber des Kölner Jazzhaus-Labels kommentiert.
Was für ein intensiver, gleichberechtigter Dialog lebt hier und in was für wohlige Tiefklang-Bäder darf eingetaucht werden! Natürlich nicht ohne viel leuchtenden Oberton-Reichtum dank der verschiedenen Blasinstrumente sowie zahlreicher Saiten- und Bogen-Geräusche, die das Kontrabass-Spiel zu so einer physischen Angelegenheit machen. Bassistin Romy Herzberg reichen meist stark reduzierte musikalische Mittel, die umso mächtiger in einen Sog hinein ziehen. Zum Beispiel Texturen, die sich durch das Spiel desselben Tones abwechselnd auf zwei Saiten in unterschiedlicher Lage ergeben. Ebenso Ostinati, also repetierte Tonfolgen als Rückgrat dafür, dass Christina Fuchs auf ihren Holzblasinstrumenten den improvisierten Intensitätslevel steigern kann. Zuweilen lässt Romy Herzberg das Holz die Bogens auf die Saiten prallen, dann wird ihr Tieftöner zum Perkussionsinstrument. So wirkt etwa die pentatonische Basslinie im Stück „Afrika“ stilsicher einem traditionell afrikanischen Guembri-Spieler abgelauscht.
Eine ausbalancierte Begegnung
Verblüffend, wie ausbalanciert die Begegnung der beiden Instrumente ist, obwohl Christina Fuchs gefühlt ein Vielfaches an Tönen zu spielen hat. Immens ist das improvisatorische und auch klangliche Vokabular, das sie auf Saxofon, hoher Klarinette und Bassklarinette bis hin zum fauchenden Didgeridoo-Effekt ausreizt. Den Ton einfangen, ins musikalische Erzählen kommen, um etwas Größeres entstehen zu lassen und weiterzugeben. Darum geht es hier. Statt sportlicher Virtuosität erzeugt die feingewebte Musik dieses Duos mächtig viel imaginäre Kraft.
Konzert in der Kölner Christuskirche am 11. September!
Eine wesentliche Rolle fürs Konzertieren und ebenso fürs Aufnehmen spielt beim Duo Kontrasax die Wahl der Örtlichkeit. Für ihr Konzert anlässlich des 30jährigen Jubiläums als Duo wählten Christina Fuchs und Romy Herzberg die Kölner Christuskirche, wo die Stücke auch live aufgenommen wurden. Am 11. September kann man sich wieder an den Ort des Entstehens dieser erhebenden Musik begeben, wenn Kontrasax hier ein weiteres Konzert geben.
Kontrasax
Die Kunst des Reisens
JHM 288