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Kontrabassduo Studer-Frey mit ZIP

Perfekter klanglicher Reißverschluss zweier Impro-Musiker

Zürich, 03.10.2020
TEXT: Heinrich Brinkmöller-Becker | 

Eine ungewöhnliche Instrumentierung, eine ungewöhnlich klingende Musik: zwei Kontrabässe vereinen sich zu einer in der Tat ganz ungewöhnlichen musikalischen Interaktion, zu einer Klangreise der improvisierten Musik. In NRW ist Daniel Studer kein Unbekannter, in der Reihe soundtrips NRW hatte man öfter Gelegenheit, ihn in unterschiedlichen Besetzungen kennenzulernen. Auf dem gerade erschienen Album ZIP des Schweizer Kontrabassduos Studer-Frey verlässt er gemeinsam mit Peter K. Frey die gewohnten klanglichen und spielerischen Bahnen des Kontrabasses als Begleit- und Solo-Instrument, das Duo erkundet hoch interessante Klangsphären, die man der wuchtigen Bassgeige so nicht zugeordnet hätte.

Das Material der sieben Tracks auf der CD entstammt einem Zyklus von zehn halbstündigen Konzerten, die die beiden anlässlich ihres 20-jährigen Jubiläums in der Kronen Galerie in Zürich zur Ausstellung der Künsterlinnen Ruth Hoesli und Theres Stämpfli gespielt haben.

Das intime Duo-Spiel beginnt in curved teeth mit kurzen gestrichenen Tönen, die in ein Glissandi übergehen. Organisch entwickelt sich in kurzen ostinaten Mustern ein Zwiegespräch, bei dem die beiden Instrumente unterschiedlichste Klangebenen erzeugen. Triangular teeth erinnert zunächst an fernöstliche Saiteninstrumente, ein unruhiger Klangkosmos mit Klagelauten, mit Stimmengewirr bestimmt den Sound, der von den Saiten – auch jenseits des Stegs gespielt – erzeugt wird. Ein kesser Lauf unterbricht das brodelnde Rauschen, um in ein dynamisches Schlagen, Dämpfen, Streichen, Zupfen, Klopfen überzuleiten. Das Charakteristische von ZIP besteht darin, in unterschiedlichsten Spielweisen Saiten, Steg und Resonanzkörper des Kontrabasses für eine multiple Klangproduktion zu nutzen. Beachtlich dabei ist, wie quasi natürlich die beiden Musiker sich dabei aufeinander einstellen, wie sie mit der Herausforderung umgehen, klischeefrei immer wieder neue klangliche und harmonische Texturen zu entwickeln, Spielideen gegenseitig aufzugreifen und in neue Sphären zu transformieren. Ein perfektes Zusammenspiel, dem man die 20-jährige gemeinsame Spielerfahrung im Grenzbereich von zeitgenössischer Musik und Improvisation deutlich anhört. Der Album- ebenso wie die Track-Titel unterstreichen mit ihrer assoziierten Reißverschlussmetapher dieses perfekte Ineinandergreifen der beiden Klanggeneratoren, was jedoch nicht zu dem Missverständnis führen sollte, hier interagierten die Musiker in mechanischer Weise. Im Gegenteil: Ihre subtilen Dialoge sind geprägt von einem dynamisch-abwechslungsreichen Spiel, das – wie etwa bei lustre teeth - kontrastreich mit energischen Impulsen arbeitet, die sich bis zum fast flüsternden Ton zurücknehmen. Akustische Schlaglichter bekommen ruhige Gegenpole, wobei der Mut zur Offenheit, eine zupackende Entschlossenheit sich mit einer erfreulichen Portion Spielfreude und Esprit paaren. ZIP ist ein gelungenes Beispiel für avantgardistische Kammermusik, die bewusst kein stilistisches Profil außer dem experimentellen Erproben von neuen Klangwelten anstrebt – und das in nahtloser Verschränkung, ZIP zack.

Kontrabassduo Studer-Frey: ZIP. Peter K. Frey (b), Daniel Studer (b). Leo Records 2020. CD LR 891

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