Knu
Herrliche Dada-Gaga-Collagen von Zepezauer, Walter und Camatta
TEXT: Heinrich Brinkmöller-Becker |
Mächtig Dampf machen drei Musiker aus dem Umfeld von The Dorf: Mit ihrem gerade erschienenen Album Knu! – Vapor Concrète erzeugen Achim Zepezauer mit seinem elektronischen Zauberkasten („Tischlein elektrisch“), Florian Walter am Bariton-Saxophon und am Synthesizer und der Drummer Simon Camatta einen Mix aus verschiedenen Klangquellen und Stilen, der es in sich hat. Im Bereich der internationalen Küche wird eine solche Mischung aus verschiedenen Ingredienzien für die Resteverwertung mit einem folkloristisch griffigen Begriff versehen: Pizza, Paella, Bouillabaisse,..., dahinter verbergen sich bekanntermaßen ausgesprochen beliebte Nationalgerichte. Nun, aus Knu! wird sich aller Wahrscheinlichkeit nach kein solches auf musikalischer Ebene entwickeln, dafür ist die wüste Klang-Collage zu sperrig und nicht gerade massenkompatibel. Aber den drei Musikern aus dem Ruhrgebiet gelingt mit ihrer Mixtur aus Rock, Noise, Free Jazz ein klanglicher Eintopf, der die Geschmacksnerven reizt, ja: provoziert. Die ostinaten Figuren des Bari-Saxes, die manchmal lediglich um eine Quart verschoben werden, oder ein langgezogener Dauerton werden verquirlt mit Lauten, Geräuschen und textlichen Versatzstücken. Dieser Mix ist zum Teil starke Kost, aber nach dem Eindruck beim ersten Hören, es handele sich dabei um ein ziemlich chaotisches Unterfangen, entpuppt sich Knu! als Dada-Gaga, als provokant-freche Klangkunst, die ihre faszinierende Wirkung aus einem raffiniert kalkulierten Collagieren bezieht und dabei interessante Klangschöpfungen hervorbringt. Allein die Titel wie Improvinzialismus abfeiern wo immer man ihn vorfindet, Angelika niest hier, Geduld Of Life, Intim im Team entsprechen der dadaistischen Freude am Spiel mit Wörtern und Klängen. Die Spielweise der drei Musiker und ihre Klangbasteleien erzeugen einen Sound, der an den späten Hendrix erinnert (Lazer Cosmetics) oder an ein Hard Rock-Karussell (Nichts Persönliches) oder an eine gewisse punkige Monotonie (Sechs Sorten Fleisch). Überhaupt ist den Tracks ein temporeicher, rhythmisch betonter Ansatz zu eigen: Simon Camatta s energetisch gespielte Drums erzeugen durchgängig einen straighten Drive, dem das Etikett „tanzbar“ ehrenvolle Auszeichnung ist. Unermüdlich wie in Moan!! oder Beauty Parlor sorgt der Drummer für ein rhythmisch mitreißendes Spiel und eine zupackende Steigerung, was den Klanggewittern und Soundexperimenten eine gewisse Erdung verleiht und mächtig „Vapor concrète“ erzeugt. Zuhören und tanzen – der Aufforderung von Knu! folgt man gerne.
Knu! – Vapor Concrète. Umland Records 8
Achim Zepezauer – tischlein elektrisch
Florian Walter – barisax, korg ms20
Simon Camatta – drums