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Klang als Ursubstanz

Neue CDs von und mit Udo Schindler

München, 11.08.2017
TEXT: Stefan Pieper | 

Udo Schindler ist hauptberuflich Architekt, aber mit mindestens ebenso viel Passion ein mutiger musikalischer Grenzgänger, vor allem auf Klarinetten aller Coleur und dem Kornett. Und wes andere ständig in die Welt hinauszieht, liebt er die produktive Einheit aus eigenem Lebensmittelpunkt und kreativer Wirkungsstätte in seinem Haus in Kreiling bei München. Auch viele improvisierende Musikerinnen und Musiker aus NRW, zum Beispiel Ute Völker oder Erhardt Hirth zog es schon nach Süddeutschland, um zusammen mit dem Hausherren in den „Salons für Klang und Kunst“ vor einem sensibilisierten Publikum aufzuspielen. In jedem Fall ist der Veranstalter dieser überregional vielgefragten Reihe ein einfühlsamer Duopartner. Oft sind die Begegnungen völlig adhoc - und werden regelmäßig auf liebevoll (meist auf dem Eigenlabel Arch-Music) produzierten CDs verewigt.

Udo Schindler beruft sich gerne auf ein Postulat von Giacinto Scelsi, der die unmittelbare Physis eines undomestizierten Klanges zum Ansatzpunkt nimmt, während alle „Musik“, sprich sämtliche menschen-geschaffene Ordnungssysteme des Tonmaterials nur sekundäres Konstrukt sind. Dieses Prinzip von grundauf verinnerlichend, haben Schindler und seine ständig wechselnden Spielpartner eine vielgestaltige Kommunikationskultur geschaffen.

Answers and maybe a question?“liefert eine neue Duo-CD mit Ove Volquartz. Hier pflegen zwei Bassklarinetten den Dialog auf Augenhöhe und wagen sich gemeinsam in klangliche Ur-Gefilde vor. Vor allem die Vorstöße in extrem tiefe Subbass-Frequenzräume sind aufregend und physisch spürbar. Selten hört man tiefe, sägende Frequenzen so entblößt und schroff. Aber hier sind sind ausgeprägte Charaktere am Werk, die sich in solch kompromissloser Klangsprache genug zu sagen haben.

Das gilt auch für die „Luft-Spiele“ mit Marco von Orelli. Besagter Trompeter lässt sich mit Schindler, der hier auf Sopranino- und Tenorsaxofon sowie auf dem Kornett zu hören ist, auf kurzweilige, zugleich fordernde Diskurse ein. Ziehen, saugen, spiegeln, verwirbeln – was kann man nicht alles mit dem Grundelement allen irdischen Lebens anstellen!

Nochmal ein Dialog mit zwei gleichen Instrumenten: Frank Paul Schubert und Udo Schindler nutzen Sopransaxofone für verspielte Konfrontationen unter dem rätselhaften Titel „Parnassia Palustris“ . Assoziationen fließen lassen und einen gemeinsamen Atem finden - darum geht es einmal mehr. Allein das liebevolle Artwork mit sagenhaft anmutenden Märchenfiguren, die in eigenartige Hörner hineinblasen, ist einmal mehr ein sinnliches Credo für den Erwerb des physischen Tonträgers.

Quiet Notes and the Fascination of What`s Complex“ …. dieser Titel bringt einmal mehr programmatisch auf den Punkt, worum es Schindler in seinem heimischen Klanglablor mit seinem nie versiegenden Strom aus neuen spannenden Gästen und Spielpartnern geht – um Stille, um bewusstes Nicht-Spielen, also allem ums aktive Zuhören. Bei Matthias Müller, Posaune, Gunnar Geise, Laptopguitar und eben Udo Schindler geht es rezitativisch zur Sache, mit weitgespannten, oft trickreich gegeneinander gesetzten Linien, spannenden Kontrasten zwischen Holz und Blech – aber doch einem vorhanden starken Konsens der Ausdrucksmöglichkeiten.

Blaublatt“ nannten Udo Schindler und Ingrid Schmoliner ihr gemeinsames Projekt. Diese Platte ist in dieser Kollektion nicht zuletzt wegen des starken Kontrasts der Klangwelten herausragend: Schindler nutzt ohnehin immer alle expressiven, klanglichen, perkussiven, virtuosen (Un-)Möglichkeiten auf seinen Hörnern. Hinzu kommt der grenzenlose Klangkosmos, den 88 Klaviersaiten plus Tasten plus Flügelkorpus ausloten, und Pianistin Ingrid Schmoliner auch noch ihre Stimme auf vielfältige Weise zum Einsatz bringt - ein Ideenfeuerwerk aus Klangkaskaden, perkussiven Effekten und noch viel mehr!

Sind die „Botenstoffe“ der gleichnamigen CD so brisant, dass es eines wuchtigen Metall-Etuis bedarf? Nun, die unkonventionelle Verpackung kann auch schon Teil einer künstlerischen Aussage sein. In dieser Hülle verbirgt sich eine Retrospektive vieler vergangener Begegnungen – einmal mehr mit Pianistinnen und Piansten, als da wären Claudia Ulla Binder, Masoko Ohta, Elisabeth Harnik, Katharina Weber und Lisa Ullen.

Die beachtliche Liste der CD-Veröffentlichungen und seiner bisherigen Mitspielerinnen und Mitspieler zeugt von Udo Schindlers riesiger produktiver Energie. Über detaillierte Infos und Diskographie, Bezugsmöglichkeiten für die Tontäger und Live-Termine informiert Udo Schindlers website:

http://www.arch-musik.de/

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