Jens Düppe
Ego D
TEXT: Stefan Pieper | FOTO: Stefan Pieper
Jens Düppe s aktuelle CD und Vinylplatte "Ego D" bündelt die Essenz seiner zahlreichen Konzerte mit diesem Soloprojekt - und ist in den letzten Wochen zum ständigen Begleiter geworden.
„In the beginning there was the beat!“ So ist das wohl in der Menschheitsgeschichte – und so war es auch bei Jens Düppe , einem in Köln lebenden Schlagzeuger, Bandleader, Komponisten und Veranstalter der vielbeachteten „Blind-Date“-Improvisationsreihe. Schon vor einem Jahr brachte Jens Düppe sein Soloprojekt „Ego D“ zum ersten Mal live auf die Bühne. Hier geht es um nichts geringeres, als die eigene Lebensbilanz in Musik zu spiegeln. Vom ersten Konzert an entstand an zahlreichen weiteren Auftrittsorten eine Art dialoge in progress zwischen den eigenen Empfindungen, Ideen und dem partizipierenden Publikum. Seit Oktober liegt die „Verdinglichung“ dieses Prozesses in Gestalt eines Tonträgers beim ENJA-Label vor.
Nicht nur auf dem Schlagzeug, sondern auch auf Synthesizer und Piano zeigt sich Jens Düppe als universeller Geist, dessen Ideen eine große lyrische Bandbreite in bestechender Ökomonie der dafür eingesetzten Mittel offenbaren. So groß und weit die Kontexte auch sind, alles findet raffiniert und zugleich verblüffend logisch zueinander und wirkt dabei ausgesprochen zugänglich: Das Klavier als perkussives Instrument wird zur Lieblings-Spielwiese, etwa in coolen Riffs, die einer guten House-Platte zur Ehre reichen oder, wenn es heftiger zur Sache geht, in treibenden, sich chromatisch reibenden Figuren im tiefsten Subkontraoktav-Keller.
Griff nach den Sternen
Hinter diesen zwei Händen steht eine große Fantasie - auch in rhythmischer Hinsicht. Etwa in den unregelmäßigen Metrengeflechten der Stücke „Dance 1“ und „Dance 2“, die auch von Erlebnissen mit befreundeten bulgarischen Musikern geprägt sind. Düppe ist weitgereist, sowohl lebensphilosopisch betrachtet, als auch in geografischer Hinsicht. Ohren und Geist sind immer weit geöffnet. Großartige Bildkraft entsteht, wenn er mit den Flügeltasten die Tongirlanden der westafrikanischen Kora nachempfindet. „1000 Stars“ ist eine empfindsame Reflexion über die eigene Begrenztheit in Relation zur menschlich nicht fassbaren Unendlichkeit im Kosmos - worüber Jens Düppe seit seiner Kindheit das Staunen nicht verlernt hat. Für den Griff nach den Sternen auf diesem Album konnte er die New Yorker Jazz- and Soulsängerin Jocelyn B. Smith gewinnen.
Einer von Düppes Lieblingslyrikern ist Paul Verlaine – also musste auch eines seiner Gedichte auf die Reise ins subjektive Lebens-Universum mitgenommen werden.
Zusammengenommen entsteht die Zugänglichkeit und Präsenz eines sehr gut gemachten Pop-Albums, das über längere Zeiträume einfach „da“ ist, aber natürlich entstammt das Anliegen von „Ego D“ keinem kommerziellen Kalkül, sondern ist tief persönlich und transzendental. Die Stücke brauchen keine Unzahl von Tönen, sondern wirken gerade durch das Gegenteil davon umso zentrierter.Wie oft begleitete dieser kultiviert-lyrische, ambienthafte Minimalismus so manche Autofahrt durchs herbstlich-dämmerige Ruhrgebiet oder woanders hin – und wo dann erst mittendrin bewusst wird, dass ja schon wieder eines der Stücke aus Jens Düppe s „Ego-D Album das Drumherum absorbiert. Kein Zufall dürfte sein, dass Jens Düppe sich auch mit der minimalistischen Philosophie von John Cage beschäftigt hat. Auch das hat dem Weitblick und der Authentizität dieses innovativen Musikers reiche Nahrung gegeben.
CD:
Jens Düppe Ego Denja/yellowbird