Ingo Marmulla
Ding Dong Revisited
TEXT: Stefan Pieper |
Ingo Marmulla hat alte Stücke von seiner „Dingdong Band“ reanimiert und mit seinen Musikerkollegen das neue Album „Ding Dong Revisited“ produziert.
Wie schön ist es, auf Erfahrungen im Leben zurück zu blicken – um festzustellen, dass manche Schätzen der Vergangenheit immer noch frisch und überhaupt nicht aus der Zeit gefallen anmuten. So muss es dem Gitarristen (und Flötisten, Saxofonisten, Keyboardspieler und Arrangeur) Ingo Marmulla gegangen sein beim Stöbern in einer frühen Kollektion von Stücken aus den Jahren 1977 bis 1981. Es war eine große Zeit und Ingo Marmulla s Dingdong Band gut in Form damals - aber so manche musikalische Idee war im Skizzenstadium stehen geblieben. Im letzten Jahr nahm der Schaffensrausch seinen Lauf: Marmulla sichtete die Stücke, komplettierte Arrangements oder entwickelte neue daraus, mobilisierte Mitspieler, um dazu passende Parts einzuspielen - bei Ausnutzung aller heutigen digitalen Produktionsmittel, welche „damals“ in den kühnsten Träumen wohl kaum denkbar gewesen wären. Heraus gekommen ist ein Album, dass so ausgeschlafen klingt, dass von angestaubter Patina wohl kaum die Rede sein kann.
Songs without words from 1977 to 1981
„Songs without word“ – der Titel bringt es auf den Punkt. Sämtliche Nummern erzeugen auf Anhieb einen entspannten, freundlichen Flow. So geht atmosphärischer Wohlfühljazz, der genug Fantasie lässt, um sich irgendwohin wegzuträumen. Als eine Stimme, die viel sagt und dafür überhaupt keine Worte braucht und immer unaufgeregt bleibt, kennen wir Marmullas Gitarrenspiel. Also ist es auch hier tragendes Element für alles weitere: Etwa für die Trompete von Matthias Bergmann oder für so manche bluesgesättigte Keyboard-Passage von Thomas Hufschmidt . Auch Kerstin Fabrys Flöte bereichert das ganze. In Sachen beständigemTiming lässt Schlagzeuger Achim Krämer nichts anbrennen. Den Bass haben Marmulla und sein Produktionskollege Frank Born eingespielt.
Man fühlte sich gut und lebendig ...
Es ist hörbar, dass Ingo Marmulla und sein Kollege Frank Born viel Spaß an der digitalen Postproduktionstechnik entwickelten. Alles klingt herrlich transparent und lässt eine ausgewogener Bandchemie vermuten. Bei aller bewahrenden Vertrautheit in dieser Musik, ist kompositorisch alles in hoher Finesse durchdacht. Die Stücke bauen raffinierte Dramaturgien durch klug dosierte harmonische Wechsel auf. Zum Teil sind neue Parts hinzu gekommen, die aber trotzdem stilsicher in der Sache drin bleiben, zum Beispiel ein sphärisches Glissando-Intro beim zweiten Stück. Über weite Strecken hält ein vitaler Fusion-Funk alles gut iin Fahrt oder es wird ein generöser Bossa-Nova zum Entfaltungsraum. Vor allem: Das ganze klingt nicht so, als wenn Musiker von heute einen auf retro machen, denn dafür ist „Ding Dong revisited“ viel zu nah am Spirit der Entstehungszeit dran: Man fühlte sich gut und lebendig am Anfang der Achtziger und es wurde auch freudig in die Zukunft geblickt. Die Erwartungen an diese Zukunft werden auf „Ding Dong revisitet“ mit heutigen Möglichkeiten denkbar lässig eingelöst.
Ding Dong revisited
Label: Dingdong Records
Ingo Marmulla : Bass, Flöte, Alto, Keyboards, Programming
Achim Krämer: Drums
Thomas Hufschmidt : Keyboard
Matthias Bergmann : Trompete
Kerstin Fabry: Flöte
Frank Born: Mixing, programming, bass
Ding Dong Records 2021