Humor und Freigeist
Zwei neue Alben von Jan Klare
TEXT: Stefan Pieper | FOTO: Sascha Huzjak und Claudio Casanova
Zu den Anliegen des in Münster lebenden Saxofonisten und Komponisten Jan Klare gehört es, eine gewisse Punk-Attitude in den Jazz hinein zu bringen. In seinen verschiedenen Projekten ist Freiheitsdrang, subversiver Humor aber auch kompromisslose Ernsthaftigkeit im Spiel – ihm selbst gehe es dabei nach eigenem Bekunden vor allem um die „Forschung über Hörgewohnheiten“ und deren Manipulation.
Gerade hat er in zwei aktuellen Band-Besetzungen jeweils ein neues Album beim Münsteraner Label skycap vorgelegt. Sie bilden Klares internationale Vernetzung ab - und rücken Randbereiche des Jazz ins Licht, die gerne auch mal scharfkantig sind!
Da ist die Band „1000“ mit Jan Klare an den reeds, dem Trompeter Bart Maris, Wilbert de Joode am Bass und dem gewohnt hyperaktiven Michael Vatcher am Schlagzeug. Bereichert wird diese Konstellation um den US-Gitarristen und Banjospieler Eugene Chadbourne - und der gibt auch den Ideenfluss vor in diesem „Schmetterlingsgarten“. Wie ein solches Insekt schwirrt die Musik von einer Blüte zur nächsten. Themen und Improvisationen bewegen sich unvorhersehbar, gerne auch wie eine lockere Konversation in einem luftigen, offenen Raum, als wären das alles Wurzeln oder Blüten in einem etwas wilden und stark verästelten Garten. Oder anders gesagt: Klare, de Joode, Vatcher, Chadbourne und Maris loten mit ausgiebiger improvisatorischer Geschichtenerzählerei alle denkbaren Ansätze aus, wie sie in dieser Konstellation möglich sind. Da werden polytonale Verwirrspiele angezettelt, schweben Girlanden von Klares Flötenspiel durch den Raum - was manchmal an Stücke von Sun Ra erinnert! Mal verweilt die Musik oder steht auf der Stelle, bevor sie wieder vorwärts rast – etwa in einer Art Superhighspeed Bluegrass, nennen wir es mal einfach so. Eugene Chadbourne greift auch zum Banjo, nicht zuletzt, wenn er zusammen mit Klares Saxofon eine engverzahnte Textur zur kompakten Klangstudie verdichtet. So funktioniert Jazz, bei dem es kein Gestern und kein Morgen, aber ein umso schillernder aufblühendes Jetzt gibt.
"Rket" ist die andere Band von Klare: Neben dem grenzgängerischen Saxofonisten aus Münster ist einmal mehr die unachahmliche Trommelkunst von Michael Vatcher das gemeinsame Bindeglied. Dazu bereichert der Niederländer Luc Ex auf seiner eigenwilligen akustischen Bassgitarre diese Band. Mit roher Spielwut beackert dieser die Saiten seines Instruments, so dass es grollt und wabert in einem dunklen Epizentrum. Die Farbe hier ist definitiv anders. Dunkler. Das Jazzidiom löst gerne auch mal im harschen Noise auf. So vieles mögliche und unmögliche geht, um das (idealerweise etwas lautere) Hörerlebnis reich und unberechenbar zu machen. Das Trio lässt die Muskeln spielen. Es gibt höllenfunkige schwere Metren, in denen Vatcher es poltern lässt. Klare fokussiert auf seinem Sax immer wieder die betont grellen, flagolettelastigen Klangmassen, sowas kann er wirklich mit atemberaubend expressiver Strahlkraft. So mancher schneller, hart vorwärtsknüppelnde Part könnte fast schon Deathmetal sein. Aber es gibt auch Klangstudien, Reflexionen und sogar echte, sehr schräge Songs, da sich Michale Vatcher hier auch als Sänger betätigt – schwarzer Humor ist garantiert!
CDs
1000 (Klare, Maris, de Joode, Vatcher) feat. Eugene Chadbourne
Butterfly Garden
Skycap music 2014 (Rough Trade)
RKeT
s/t
Skycap music 2014