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Hörstoff für dunkle Herbstabende

Christoph Gieses Schnelldurchlauf Nr. 24

Gelsenkirchen, 09.11.2022
TEXT: Christoph Giese | 

Die Abende werden lang. Was geht da besser, als mit Hingabe Musik zu hören. Neue Platten dafür gibt es zuhauf - Christoph Gieses Schnelldurchlauf Nr. 24 weitet den Horizont...

Franco Ambrosetti: Nora (enja)

Er spielt mit einem melancholischen Sound, die Musik ist ideal für einen entspannten Sonntagnachmittag. Trompeter Franco Ambrosetti verwöhnt auf Nora mit elegantem Jazz. Butterweich sein Spiel auf dem Flügelhorn in einem feinen Programm von Jazzstandards und zwei eigenen Nummern. Neben einem Allstar-Quartett mit Gitarrist John Scofield, Pianist Uri Caine, Bassist Scott Colley und Drummer Peter Erskine hat der 81-jährige Grandseigneur des Schweizer Jazz ein 22-köpfiges Streichorchester unter der Leitung von Alan Broadbent an seiner Seite. Ein Traum, den sich Ambrosetti hier nun zum ersten zweiten Mal überhaupt in seiner langen Karriere erfüllt – mit einem wunderschönen Balladen-Album voller seelenvoller Klänge.

Britta Virves: Juniper (Heartcore Records)

Die Pianistin Britta Virves bringt mit Juniper ein modernes Klaviertrio-Album auf Kurt Rosenwinkel´s Label Heartcore Records heraus. Auf einem Interlude ist der Labelboss auf der Gitarre einmal als Gast dabei. Dabei hat die junge Estin namhafte Unterstützung keinesfalls nötig, so überzeugend klingt ihr Debüt. Starke Melodien und ein starkes Zusammenspiel mit Bassist Jon Henriksson und Schlagzeuger Jonas Bäckman prägen diese Aufnahme. Aber auch der schöne Sound ihres Klavierspiels betört ebenso wie die Art und Weise wie das Trio musikalisch seine kleinen, vielfarbigen Geschichten erzählt. Sensibel und hochdynamisch, das schließt sich bei diesem spannenden Dreier dabei nie aus.

Gregor Hübner – Richie Beirach – Veit Hübner: Testaments (o-tone music)

75 Jahre alt wurde Pianist Richie Beirach in diesem Mai. Die beiden Brüder Gregor Hübner (Geige) und Veit Hübner (Bass) arbeiten schon seit einem Vierteljahrhundert mit dem amerikanischen Meisterpianisten zusammen. Das 3er CD-Set Testaments ist eine wunderbare Chronik dieser Begegnungen. Zumeist im Duo (Beirach und Gregor Hübner), aber auch im Trio wird musiziert, improvisiert, werden Jazzstandards und kurze klassische Stücke beleuchtet und Eigenkompositionen gespielt. Immer mit viel Seele und inspiriert zelebrieren diese drei Musiker ihre Verbundenheit mit zeitlos schönen Klängen.

Govreen Sever Quartet: Maya (JMI Recordings)

Das in Amsterdam beheimatete Quartett von Bassist Omar Govreen und Vibrafonist Aleksander Sever veröffentlicht mit Maya ein feines Debütalbum mit ausschließlich eigenen Stücken der beiden Bandleader. Rein analog aufgenommen, erweist die Band, zu der noch Pianist Floris Kappeyne und Schlagzeger Wouter Kühne gehören, klanglich zwar der Vergangenheit die Ehre, doch ihre Musik ist dennoch zeitgemäß. Starke Melodien und rhythmisch spannende Wege beschreiten die four twenty-something Europeans, wie das Label die Band nennt. Mancher Song startet in eher ruhigem Fahrwasser, nimmt dann aber rhythmisch und voller Energie Fahrt auf. Ziemlich hörenswert.

Evelyn Kryger: Live at JazzBaltica 2021 (Hey!blau Records)

„Hüpfburgjazz, Globalkitsch & Five-to-the-Floor“ steht als Beschreibung direkt unter dem Bandnamen auf der Homepage des Quintetts Evelyn Kryger. „World-Fusion-Dysko“ findet man noch an anderer Stelle. Man ahnt es vielleicht schon, die Musik der Band aus Köln, Hannover und Berlin genau zu beschreiben ist nicht so einfach. Aber diese Liveaufnahme vom letztjährigen JazzBaltica-Festival zeigt alles was die Truppe um Saxofonist Cito Kaling, Geigerin Rebecca Czech, Keyboarder Arne Dreske, Bassist Jonas Holland-Moritz und Drummer Hannes Dunker ausmacht. Die Musik ist wild, tanzbar, Fusion im besten Sinne, mal lyrisch, dann voller Spielwut und Energie, voller Grooves und kraftvoller Melodien. Ein Crossover, das jede Menge Spaß macht.

The BvR Flamenco Big Band: Del Rio A La Mar(Zennez/Berthold)

Der Vater Niederländer, die Mutter Engländerin, er selbst in Spanien aufgewachsen und in Holland gelebt. Bernhard van Rossum, kurz BvR, hat den Flamenco hautnah kennengelernt. Und bringt ihn mit seiner Bigband mit Jazz zusammen. Und das hört sich auf Del Rio A La Mar richtig gut und schlüssig an. Was auch an den geschmeidigen Arrangements der von Bernhard van Rossum komponierten Stücke liegt. Aber auch an den Beteiligten, zumeist aus der niederländischen Jazzszene, wie der spanische Pianist Xavi Torres oder die eindringliche spanische Sängerin Maria Marín. Auch Spaniens Mundharmonika-Star Antonio Serrana oder Bassist Carles Benavent wirken hier mit. Große Namen, starke Künstler. Und BvR schafft es, dass sich alle Zutaten bestens verbinden und alle Musiker auf diesem gelungenen Album auf ganz natürliche Weise zusammenfinden zu einem feinen Flamenco-Jazz-Menü.

Norbert Gottschalk: Songs In The Key Of Jazz (Ajazz)

Eigentlich sollte diese Platte schon zum Jahresanfang erscheinen. Wärmende Musik für den kalten Winter. Auch Corona verhinderte dies. Inzwischen ist die Welt eine andere, vor allem seit Beginn des Krieges in der Ukraine. So mag ein Song wie New Year vielleicht auf den ersten Blick in mehrerer Hinsicht ein wenig deplatziert wirken. Aber das Stück von Pat Metheny, mit Lyrics von Norbert Gottschalk, tut umso mehr wohl, gerade in diesen verrückten Zeiten. Auch wenn der Jahresbeginn lange vorbei ist. Der in Essen geborene Sänger hat hier zusammen mit Gitarrist Rolf Marx, Bassist German Klaiber und dem auf fünf Stücken mitwirkenden, wahnsinnig gefühlvoll aufspielenden Matthias Nadolny am Tenorsaxofon ein zeitloses, wunderbar relaxtes unplugged-Album eingespielt. Mit gleich zwei Stücken von Donald Fagen, Musik von Dori Caymmi, Gerry Mulligan oder sogar Sergej Rachmaninow. Warm und soulig ist Gottschalks Timbre. Und wie er hier durchweg völlig entspannt singt und scattet, das ist ein wahrer Genuss und Balsam für die Seele.

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