Heinrich von Kalnein
A Night in Vienna
TEXT: Peter E. Rytz |
Pandemie-Zeit ist eine Herausforderung in allen Lebenslagen. Alltäglichen und Professionellen. Neue Formen der Präsentation und Kommunikation sind unabdingbar, um Öffentlichkeit zu gewinnen. Live-streamed Concerts sind nicht nur für Jazzmusiker eine kreative Alternative. Der Saxofonist Heinrich von Kalnein hat zusammen mit dem rhythmisch indigniert sensiblen Ramón López (dr) und der kultiviert überlegen improvisierenden Bassistin Gina Schwarz ein solches Konzert im Januar 2021 im Jazz & Music Club in Wien gespielt. Sie waren von der Aufnahme so überzeugt und begeistert, dass sie sie auf Natango Music veröffentlicht haben: A night in Vienna. Ein Glücksgriff in jeder Hinsicht.
Es immer wieder erstaunlich, wie viele herausragende Musiker ebenso herausragend musizieren und improvisieren, wie sie im Unterschied dazu in der Öffentlichkeit eher weniger wahrgenommen werden. Von Kalnein und Schwarz mögen dafür prototypisch stehen, wie der weltgewandte López die andere Wahrnehmungsseite verkörpert.
In mystisch spiritueller Anmutung eröffnet von Kalneins Saxophonden ersten Track Prayer programmatisch. Wie aus meditativer Verinnerlichung entwickelt sich, vorwärts getrieben von Schwarzs Bass, dynamisiert von Lópezs dezidiertem Drumming, ein ritualisierter Sound. Mit aggressivem Understatement beschwört und baut er sich mit kommentierenden Bass-Lines in Shiva zu einem hinduistischen konnotierten Glücksversprechen auf: With their internal music logic.
Contemplation and Moving Air
Kontemplation (Contemplation), verbunden mit farbig malenden, musikalischen Phrasierungen, schwingt das Saxophon leicht und luftig (Moving Air) in assoziativ reflektierte Kosmen. Gegenüber dem vom Saxophon lyrisch zerbrechlich schwelgenden, flirrenden Sound interveniert López. Trommelt gegen einen sanftmütigen Überschuss an. Verhaucht, vom Bass geläutert, wie nach einem Sturm als leicht bewegtes Lüftchen mit verblasenen Saxophon-Kadenzfigurationen.
A night in Vienna besticht durch thematisch eigenständige, gleichwohl alle Tracks umkreisende, einkreisende Arabesken. Volkstümliches Melos (Folk Song) verbindet sich mit dem Shiva-Kosmos ebenso, wie sich hinter der Maskerade von Harlekin ein stupendes Triospiel artikuliert. Es folgt dem Muster - Saxophon stimmt an, Bass übernimmt, Schlagzeug konterkariert -, ohne sich in Eindimensionalität zu wiederholen. Das Fazit von von Kalnein im CD-Beiblatt - We had moved along through a wide variety of musicals mood – ist kein rhetorisch leeres Versprechen. Man höre und genieße!