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Gunter Tiedemann & Thomas Rückert

Con Alma

Köln, 19.12.2025
TEXT: Stefan Pieper | 

Zwei Musiker, ein Flügel, ein Cello und ein Abend im Kölner o-ton: Der Live-Mitschnitt „Con Alma" von Thomas Rückert und Gunther Tiedemann zeigt, was Kammermusik und Jazz verbinden kann, wenn zwei absolute Könner einfach nur aufeinander hören, statt sich oder irgendwem etwas beweisen zu müssen, denn dieser Konzertmitschnitt aus dem Jahr 2024 dokumentiert ein Duo, das sich blind versteht. Beide sind in der deutschen Jazz- und Kammermusikszene verwurzelt: Thomas Rückert, Jazzpianist mit Kölner Hochschulausbildung, New-York-Erfahrung und einem Repertoire, das Jazztradition mit Einflüssen aus Indien, Afrika und Lateinamerika verknüpft. Und Gunther Tiedemann , vielseitiger Cellist, Komponist und Arrangeur, der sein Instrument längst aus dem klassischen Kontext gelöst hat und in Jazz, Pop, Rock und zeitgenössischer Kammermusik zuhause ist. (Man erinnere sich nur an seinen gefeierten Auftritt beim vorletzen New Colours Festival mit seiner String Thing Formation im Gelsenkirchener Musiktheater...)

Das Titelstück gleich am Anfang lohnt allein schon den Erwerb dieses Tonträgers: Dizzy Gillespies „Con Alma" verwandelt sich in etwas Neues, Eigenes – eben weil es nur so mit diesen beiden Musikern so funktioniert: Getragen wird es von einem wunderbaren modalen Figurenspiel des Pianos, ebeso von Tiedemanns charaktervollem Cellospiel. Sein gestrichener Ton ist durchaus von romantischem Klangideal geprägt. Rückerts Pianoläufe perlen derweil quicklebendig und durch den Raum. Und ja - der improvisatorische Freigeist beider ist riesig, was sich in sämtlichen sieben Stücken fortsetzt.

Transformation in eine eigene Sprache

Antonio Carlos Jobims „How Insensitive" schaltet einen Gang zurück – und auch das gelingt ganz hervorragend. Musik für den Moment, wo der Tag geht oder schon lange gegangen ist. Auf jeden Fall, um die blaue Stunde zu etwas besonderem zu machen! Rückert durchmisst in seinen improvisierten Erzählungen die ganze Klaviatur, während Tiedemanns Cello mit leidenschaftlich und melancholisch gefärbten Linien antwortet. Eine imaginäre Südamerika-Reise entfaltet sich – Chick Corea und Jobim geben die Wegmarken vor, doch die beiden übersetzen das Material in ihre eigene Sprache. Die Liveaufnahmetechnik sorgt für Luftigkeit und Leben – hier wird nichts hinterher totgefiltert. Mehr beseelte Reife und Wärme kann wohl kaum aus Tönen sprechen: „Con Alma" ist ein Album für alle, die kammermusikalische Feinheiten und die unmittelbare Atmosphäre eines Konzerts schätzen. Ganz groß!

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