Frank Gratkowski
„Skein“
TEXT: Stefan Pieper |
Skein“ bezeichnet „eine Familie von kryptographischen Hashfunktionen , die im Wettbewerb für den zukünftigen Standard SHA 3 die Runde der Finalisten erreichte“. Sagt wikipedia über dieses merkwürdige Wort. Das Englisch-Lexikon gibt eine einfachere Besetzung, dich sich im übrigen mit der Google-Bildersuche deckt: Ein Knäuel. Aus Fäden und Strängen. Wild verschlungen, vielleicht in vielen Farben. Ein kompaktes Ganzes bildend.
Wie auch immer: Hier sind frei improvisierende Musiker den fortschrittlichen außermusikalischen Inspirationsquellen wohl nicht abgeneigt. Der an der Hochschule für Musik und Tanz lehrende Saxofonist Frank Gratkowski improvisiert zusammen mit Achim Kaufmann am Schlagzeug, und Wilbert de Joode am Bass . Erweitert wurde dieses bewährte Trio durch Okkyung Lee am Cello, Richard Barret an der Live-Elektronik und dem Schlagzeuger Tony Buck. Pate für das Projekt stand das SWR-Studio Neue Musik.
Sehr breitbandig gerät dieser Kosmos aus Klängen, welche oft nah dran bzw. mittendrin im Geräuschhaften sind, sich spektral ausbreiten, mäandern und kollidieren. Da haben wir also das kompakte Ganze. Das Knäuel aus Klängen, Ideen. Im freien Spiel bestens geschulte Musiker geben sich dem kollektiven Ideenfluss hin, mischen sich ein, bieten etwas an, können und müssen sich in jedem Moment neu entscheiden. Erzeugen physische Zustände, die überwältigen und überkochen. Expressive Schreie aus Gratkowskis Klarinetten und dem Altsax liegen signalhaft über den Klangmassen und liefern Wiedererkennungspotenzial - ebenso prägnante Klaviermotive oder – cluster. Otmals wird die ganze, sich steigernde physische Wucht durch Richard Barrets Live-Elektronik futuristisch aufgeladen.
Wichtig für den Hörer am heimischen CD-Player: Es kommt im gesamten Verlauf hinreihend zu überraschenden Strukturen, ja werden auch verblüffende Tiefenschichten freigelegt! Nichts festgelegtes erwarten, Assoziationen frei fließen lassen – darum geht es hier ...
Leo Records 2014
3 sterne