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'Like a Complete Unknown'

Eine Kritik zum neuen Dylan-Film

New York, 08.03.2025
TEXT: Heinz Schlinkert | FOTO: Bildquelle: kino-zeit.de

Der Titel des Kinofilms ‚Like a Completely Unknown‘ über Bob Dylan verrät mehr als man vermuten könnte. Denn ‚completely unknown‘ bleibt, warum sich Dylan in den vier Jahren, in denen der Film spielt, so verändert hat. Das neue Biopic liefert zwar mit Timothée Chalamet eine überzeugende Darstellung Bob Dylans , scheitert jedoch letzlich an seiner oberflächlichen Betrachtung.

Schon 2007 hatte Todd Haynes das Dylan-Biopic 'I’m Not There' gedreht, bei dem sechs Schauspieler Dylan in verschiedenen Lebensphasen verkörperten. Doch in dem neuen Film geht es nur um die Anfangsjahre von 1961 bis 1965. Als Grundlage diente das Buch 'Dylan Goes Electric!' von Elijah Wald.

Bob Dylan, ein 19jähriger Tramp, der damals noch Robert Zimmermann hieß, kommt 1961 ins verregnete New York und sucht das Krankenhaus, in dem sein Idol Woody Guthrie liegt. Dort trifft er zufällig auf Pete Seeger - doch das ist wohl konstruiert. Er spielt ihnen seinen Song ‚Song to Woody‘ vor, der beide tief beeindruckt. Seeger führt Dylan dann in die sozialkritische Folk-Szene ein, in der er schnell bekannt wird und mit seinen ersten LPs Kultstatus erlangt. Gezeigt werden vor allem Studioaufnahmen und Konzerte, oft vom Folk Festival Newport, das nicht zu verwechseln ist mit dem Newport Jazz Festival.
1965 Zeitsprung: Dylan nun mit dunkler Brille wie man ihn von den Plattencovern kennt. Er ist angeödet von der Vereinnahmung und Kommerzialisierung durch das Musikbusiness und trifft auf einen Gitarristen, der ihn fragt, wer er ist und was er eigentlich sein will. So kommt Dylan zur Rockmusik und entdeckt die elektrische Gitarre. Das Album ‚Highway 61 Revisited‘ steht für diesen Wandel mit dem Song ‚Like a Rolling Stone‘, aus dem der Filmtitel stammt.

‚Completely Unknown‘

Dylan ist zunehmend genervt, unfreundlich, untreu und unzuverlässig; Empathie ist für ihn ein Fremdwort. Doch was geht in ihm vor? Seine Freundin Suze Rotolo schrieb, ihr Freund werde „mehr und mehr zu einem Egozentriker“ (Wikipedia). Doch wie kam es dazu? Nichts dazu im Film. Vielleicht macht aber gerade das den Mythos von Bob Dylan aus, der – ähnlich wie Lucky Luke im Comic – als ‚lonesome musician‘ seinen Weg geht.

Regie und Besetzung

James Mangold hat Regie geführt. Bob Dylan wird von dem jungen Schauspieler Timothée Chalamet überzeugend verkörpert, er sieht Dylan sehr ähnlich und sang während der Dreharbeiten vierzig Songs und spielte Gitarre und Mundharmonika. Die Rolle ‚Sylvie Russo‘ ist die fiktionalisierte Version von Suze Rotolo, gespielt von Elle Fanning. Monica Barbaro spielt Joan Baez, wirklich bezaubernd. Scoot McNairy spielt überzeugend den totkranken Woody Guthrie, Edward Norton manchmal etwas oberlehrerhaft Pete Seeger. Auch Johnny Cash ist Teil der Story, gespielt von Boyd Holbrook.
Der Film nimmt sich künstlerische Freiheiten heraus, vor allem in Bezug auf die chronologische Reihenfolge der Ereignisse. Auch er ist ein typisch US-amerikanisch weichgespültes Hoolywood Produkt, Sex wird nur angedeutet, Drogen sind gar kein Thema. Trotzdem wecken die bekannten Stücke bei den Älteren sicher immer wieder Erinnerungen, als Konzertfilm ist ‚Like a Completely Unknown‘ sicher zu empfehlen.

Zeitgeschichtlicher Hintergrund

Politische Ereignisse der frühen 1960er Jahre mit Kubakrise, Vietnamkrieg und der Ermordung von Kennedy werden eingeblendet, 'It’s a Hard Rain’s A-Gonna Fall’ und ‚Masters of War‘ passen dazu. Doch das sind nur Splitter, kurze Einschübe, die kaum etwas über Dylans politische Einstellung verraten. Dylans Auftritt beim ‚Marsch auf Washington‘ 1963 mit Martin Luther King wird nicht einmal erwähnt
Viel mehr Raum nehmen seine Beziehungen zu Frauen ein, vor allem zu Suze Rotolo und Joan Baez. Eine Eifersuchtsszene wird beim Auftritt mit Baez mit ‚It ain‘t me Babe’ überzeugend dargestellt, Dylan total cool.

Das Ende - Newport 65

Dylans vorerst letztes Konzert 1965 in Newport ist vielleicht der beste Teil des Films. Hier treffen zwei Welten aufeinander: die geradezu bornierten Anhänger der Folk-Szene und Dylan, der unter dem Einfluss der Rockmusik etwas verändern will. Ermutigt von Johnny Cash spielt er zusammen mit der Paul Butterfield Blues Band neue Stücke wie ‚The Times they’re a Changing‘, die den Wandel thematisieren. Dass vorher lange diskutiert wird, ob er nun traditionell oder ‚elektrisch‘ spielt, ist absurd, denn Band und elektrisches Equipment sind längst da. Als Dylan sich später noch zu einem unplugged Song herablässt, spielt er ‚It’s all over now Baby Blue‘:
„You must leave now, take what you need, you think will last
But whatever you wish to keep, you better grab it fast
Yonder stands your orphan with his gun
Crying like a fire in the sun
Look out, the saints are coming through
And it's all over now, Baby Blue“...


‚Like a Completely Unknown‘
Regie: James Mangold mit Timothée Chalamet, Edward Norton u. a.
141 Min.
Produktion: Searchlight Pictures USA 2024

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