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Elements

Marialuisa Capurso, Pat Battstone u.a.

Düsseldorf, 24.04.2018
TEXT: Uwe Bräutigam | 

Pat Battstone, amerikanischer Pianist und Komponist hat in Bari mit der Crème der Apulischen Improvisationsszene eine CD produziert. Sechs Musiker kommen für einen Tag zusammen und spielen gemeinsam, ohne Absprachen und Regeln. Die Apulischen Musiker*innen haben alle langjährige Erfahrungen mit Jazz, Improvisationsmusik und Neuer Musik und arbeiten auch im Bereich von Tanz und Theater.

Jede und jeder hat ein Ohr für die anderen. Das Ergebnis sind drei 20-30 minütige Sets, mit Unterbrechungen, bei denen geredet und gelacht wurde. Diese Stellen wurden herausgeschnitten und die verbliebenen 79 Min Musik wurden in 12 Stücke zerschnitten, d.h. auf der CD ist die gesamte Session enthalten. Das erstaunliche Ergebnis ist Elements, spontane kollektive Improvisation, von herausragenden Musiker*innen

Die Improvisationen haben sich so vielfältig und unterschiedlich entwickelt, dass man glauben könnte, die Stücke wären einzeln und an verschiedenen Tagen aufgenommen worden.

Die CD hat etwas der Welt entrücktes, besonders die beiden langen Stücke kurz vor dem Ende. Man begibt sich auf eine Art Traumreise.

Der Einstieg ist Red Crest, ein ruhiges Stück mit Piano, leisen Geräuschen und der Stimme von Marialuisa Capurso, die Satzfragmente in Englisch spricht. Später kommen leise Percussion und Holzbläser hinzu.

Die nächsten drei Stücke werden als Suite in drei Teilen bezeichnet:

Fragments of an Apparently Sleeping Volcano

Der erste Teil ist Still Sleeping benannt. Piano, klappernde Geräusche, sehr leises Schlagzeug, eine Bassklarinette, die eine unterschwellige Spannung erzeugt, melodiöses Flötenspiel, etwas aufgeregtes Spiel, das sich wieder beruhigt.

Der zweite Teil, Erruption, ist sehr kurz (1 Min) und hat eine ganz andere Stimmung: Klappern und schnelles Piano, an einen Vulkanausbruch erinnert es nicht wirklich.

Der dritte Teil, die Lava ergießt sich, hat wiederum eine andere Stimmung. Marialuisa Capurso spricht mit suggestiver lockender Stimme “Come over“ mit Echo, Holzbläser kommen hinzu, eine Saxophon Improvisation, tranceartige Stimmen im Hintergrund, Piano und Flöten mit Schlagzeugbegleitung.

Einige Stücke sind ausgesprochen pianissimo, wie The Indian Risciò mit einem kaum hörbaren Intro, leisem Leuten, Klingeln, elektronische Geräusche, Gitarre, eine leise Bassklarinette, flatternde Saxophonklänge und Luftgeräusche. In Hot Match dagegen steht ein lauter einfacher Trommelrhythmus im Mittelpunkt, dazu Knistern, Knacken, laute Stimmen, englische Sätze. Während in Wet War das melodiöse Flötenspiel von Mariasole De Pascali tragend ist, mit Bassklarinette im Hintergrund und Klavierbegleitung. Der Gesang von Marialuisa Capurso hat hier ausnahmsweise eine konventionelle Songstruktur. Dagegen werden im nächsten Stück Bankruptcy Agreement alle Strukturen in eine wilde Kakophonie aufgelöst mit Stimmen, Klavier, Holzbläser, Gitarre und Schlagzeug. Noch leiser als Indian Risciò ist Contieni la Linea Infinita. Hier sind Hauchen, Atemgeräusche und einzelne zarte Pianoklänge zu hören. Man scheint sich schon der Unendlichkeit zu nähern.

Die beiden nächsten Stücke sind die mit zehn und fünfzehn Minuten die längsten und die Höhepunkte der Session. Die Musiker*innen finden hier sehr gut zusammen. Transit`s Reminescence ist ein dichtes kohärentes sehr psychedelisches Stück. Es mutet etwas orientalisch an. Im Hintergrund sind immer wieder liturgische Gesänge zu hören, Percussion, Glocken, Stimmen und der Gesang von Capurso. Ein Stück das jeder Krautrockband wie Can oder Faust alle Ehre gemacht hätte. In Spaceways nehmen Mariasole De Pascalis Flöten wieder mehr Raum. Hallende Flöten, Summen, Rauschen, Worte und Klavier.

Zum Abschluss mit Chiudere Con Cura wird es wieder pianissimo, ein leises pulsierendes Rauschen, ein Klopfen aus dem ein Rhythmus entsteht, ein Glockenspiel oder eine Spieluhr klingt und dann singt Marialuisa Capurso mit verfremdeter Stimme ein Kinderlied.

Langsam tauchen die Zuhörer*innen, wie aus einem Traum, wieder auf und kommen zurück in die Welt.

Jedes Stück enfaltet eine eigene Stimmung und besitzt eine eigene Instrumentierung. Es gibt auf Elements nur wenige Soloparts und kaum ein Instrument spielt ein ganzes Stück hindurch. Es ist ein Kommen und Gehen, sie Musiker*innen bringen sich ein und ziehen sich zurück, ein Kollektiv improvisiert.

Elements – Leo Records CD LR 821

Patt Battstone – Piano Recussion

Marialuisa Capurso – Stimme, Glocken, Okarina, Elektronik

Adolfo LA Volpe – Live Elektronik, Gitarre

Mariasole De Pascali – Flöte, Altflöte, Piccoloflöte

Francesco Massaro – Altsaxophon, Bassklarinette, G Klarinette, Pataphysical Devices

Giacomo Mongelli – Schlagzeug, Perkussion

www.leorecords.com

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