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Echoes Of Swing

Blue Pepper

Bochum, 18.02.2014
TEXT: Heinrich Brinkmöller-Becker | 

Es kommt nur sehr selten vor, dass eine Gruppierung im Jazz über Jahre zusammenbleibt und entsprechend zusammen musiziert. ‚Echoes Of Swing‘ ist eine dieser Rarität, seit 16 Jahren - im Musikbusiness eine absolute Ausnahme - spielt das Quartett zusammen: Der Bochumer Chris Hopkins am Altsax (er spielt in anderen Konstellationen genauso hervorragend Piano), Trompeter Colin T. Dawson, Pianist Bernd Lhotzky und Drummer Oliver Mewes sind spezialisiert auf „traditionellen“ Jazz, auf Swing und generell das Jazzidiom vor allem der 20er und 30er Jahre. Dies ist, zumindest in der Form, wie sie es zeitgemäß spielen, eine äußerst beliebte und verbreitete Nische in der aktuellen Jazzszene, ist die Gruppe doch ohne Übertreibung weltweit gebucht, sie erfreut sich einer allgemeinen Beliebtheit und kann stolz auf viele Auszeichnungen verweisen. In gewisser Weise geadelt wird sie im Augenblick bei ihrer nunmehr sechsten CD durch ihr neues Label: Ihre aktuelle CD ‚Blue Pepper‘ erscheint beim renommierten Münchener Act-Label, das mit ‚Echoes Of Swing‘ eine neue Reihe etabliert: „Good Time Jazz“. Nicht Nostalgie, sondern Besinnen auf die Roots ist das erklärte Ziel dieser Reihe.

Auf der CD gibt es, wie der Titel schon andeutet, ein Motto, das mit der Farbe Blau markiert ist: Alle Titel haben etwas mit dieser Farbe zu tun – von der titelgebenden Ellington/Strayhorn-Komposition ‚Blue Pepper‘ bis hin zur letzten Nummer, ebenfalls einem Ellington-Titel: „Azure“. Startet die Combo mit „Blue Pepper“ in zünftiger Hardbop-Manier, findet sich auf der CD eine spannende Stilvielfalt, der Rahmen des „klassischen Jazz“ ist bei ‚Echoes Of Swing‘ weit gespannt : Swing pur („Black Stick Blues“ von Sidney Bichet), eine typische Stride-Piano-Nummer („Wild Cat blues“ von Thomas ‚Fats‘ Waller), die Eigenkompositionen von Bernd Lhotzky „Out Of The Blue: ein schneller Marsch mit Celesta, der an ein beschwingtes Kinderlied erinnert; „The Smurf“: ebenfalls ein klassischer Stride-Piano-Titel, der im Stile der Filmmusik zu Stummfilmen daherkommt. Die Komposition von Chris Hopkins „Blue & Naughty“ zitiert im Uptempo Bebop-Sprünge und –Harmonien à la Charlie Parker, das Unisono-Duett von Altsax und Trompete ist eine gelungene Verbeugung vor ebensolchen mit Parker und Dizzy Gillespie. „Azzurro“ – ja, der durch Adriano Celentano bekannt gewordene Schlager von Paolo Conte – erfährt mit gedämpfter Trompete und wunderbarer Altsax-Einlage und entsprechendem Stride-Piano eine hochinteressante Rückführung in das swingende 20/30-er Jahre-Idiom. Auch beim traditionellen „La Paloma Azul“ fungiert das Klavier als rhythmisches Gerüst, während Chris Hopkins samtweiche, fast lieblich-schöne Linien auf seinem Sax bläst. Die Stimme von Colin T. Dawson kommt in drei Stücken zum Einsatz: in dem bluesigen „Blue Prelude“, vor allem in seiner Eigenkomposition „Blue River“ klingt Dawson ähnlich wie Al Jolson, in „Blue Gardenia“ wunderbar schmachtend. Der Evergreen und Jazzstandard „Blue Moon“ darf auf der „blauen CD“ natürlich nicht fehlen, hier fallen vor allem die beiden Bläser mit ihrem schmatzenden Sound und ihrer Virtuosität angenehm auf.

Insgesamt sind die Arrangements des Quartetts perfekt und punktgenau, die Bläsersätze sind ebenfalls à point, das Stride-Piano in linker und rechter Hand genial, das Schlagzeug kongenial. Wie bei dem Label nicht anders zu erwarten, ist die Aufnahmequalität erste Sahne. Die Musik von ‚Echoes Of Swing‘ hat sicherlich etwas Nostalgisches und Traditionalistisches. Aber die hochvirtuose und perfekt aufeinander abgestimmte Spielweise der Vier ist zu feinsinnig und gekonnt, als dass nicht der Ironiemodus mit seiner ehrfurchtsvollen Reverenz an die unterschiedlichen Traditionslinien des Jazz erkennbar wäre. Dieser launige Fingerzeig auf die Wurzeln versprüht keine „blaue“ Stimmung, sondern gute Laune - nicht in Dixieland-Naivität, sondern eher sophisticated, eher mit mediterraner Leichtigkeit (Azzurro!). Vielleicht sind die einzelnen solistischen Einlagen etwas kurz, mehr Raum für Improvisationen und damit ein Mehr an Entwicklungsmöglichkeit der einzelnen Musiker wären wünschenswert, um eine wirklich individuelle Handschrift zu erkennen. Insgesamt bleibt jedoch der Eindruck: eine kleine Band mit großem Sound!

Echoes Of Swing: Blue Pepper
ACT 9102-2

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