DIPLOMAT
'Dem Deutschen Jazz'
TEXT: Heinz Schlinkert | FOTO: Jasmin Schuller
'Dem Deutschen Volke' steht über dem Eingang des Reichstags in Berlin - 'Dem Deutschen Jazz' heißt das Album von DIPLOMAT, das Ende Oktober erscheint. Die Band kommt auch aus Berlin und dem Deutschen Volk könnte das Album sicher auch guttun, besser jedenfalls als die antiquierte, pathetische und historisch belastete Melodie der Nationalhymne!
- Vier Diplomaten
Doch man muss schon mögen, was Mathias Ruppnig (Drums), Johannes Fink (Cello. Bass), Gerhard Gschlößl (Posaune) und Felix Wahnschaffe (Saxofone) aufgenommen haben, denn leichte Kost ist das nicht gerade.
Die Musiker sind nicht mehr die jüngsten und haben schon in vielen Bands gespielt. Johannes Fink (*1964) z. B. ging 1996 nach Berlin und spielte bei Aki Takase, später auch u. a. mit Rolf Kühn und Heinz Sauer. Diplomatische Erfahrung konnte er gewissermaßen bei weltweiten Auftritten für das Goethe-Institut mit seiner Band ,Günter Adler’ sammeln. Mit Gerhard Gschlößl hat er schon oft zusammengespielt. Mit ihm, R. Mahall und M. Griener gründete er 2015 die Band Reich durch Jazz. Das scheint wohl – zumindest materiell – nicht geklappt zu haben, aber vielleicht bringt die neue CD ja mehr ein.
- Rot in Blau – Rot in Weiß
Das Album ist sehr vielfältig, jedes Stück ist anders. Manches meint man schon einmal gehört zu haben, doch das ist Absicht, denn es geht auch um Bezüge zu Bebop und Swing. Man will vor allem kreativ sein, unabhängig von Stilen und Konventionen und das ist wirklich gut gelungen. „Unser Ansatz ist freigeistlich und betont nicht-akademisch, obwohl alle Bandmitglieder einen akademischen Hintergrund haben.“ erklärt der Posaunist Gerhard Gschlößl.
Alle Titel wurden von Bandmitgliedern komponiert. Im 4. Stück Rot in Blau von Fink bildet die Melodie den 'roten' Strang, während die Begleitung den 'blauen' Strang darstellt. Es erfährt im 9. Stück Rot in Weiß eine Antwort und bildet laut Gschlößl den „Kontrapunkt zwischen den Bläsern und der Rhythmusgruppe“.
Johannes Fink hat 6 der 12 Stücke komponiert, darunter Gospel No. 2 , Kardinal Mendoza und J.I.D. Die Abkürzung bedeutet 'Jazz in Darmstadt', es geht um ein Konzert im bekannten Jazzinstitut. Das Titelstück Dem Deutschen Jazz stammt von Gerhard Gschlößl. Hier könnte man anfangs Gershwins 'It ain't necessarily so' assoziieren bis dass im weiteren Verlauf Posaune und Saxofon in wechselvollen Soli das Thema auflösen und es zu einem etwas abrupten Ende führen.
Der Saxofonist Felix Wahnschaffe hat Rhythm in As-Pik und Hauptsache F komponiert, da swingts ganz gehörig, viel mehr als bei den anderen Stücken. Doch gerade diese Vielfalt macht die Stärke des Albums aus. Bei No. 377 / No. 378 mag man ins Grübeln kommen, aber viel haben manche Namen der Titel wohl nicht zu bedeuten,
Es gab schon einmal andere Diplomaten des Jazz, echte Diplomaten des Auswärtigen Amts in Berlin, die mit ihrer Band JaaZZ Konzerte gaben und sogar einige CDs herausbrachten. Doch von ihnen hat man schon länger nichts mehr gehört. Umso besser, dass es nun die neuen Diplomaten gibt, ob die auch mal für das AA auftreten dürfen? Gut für ein modernes Deutschland-Bild im Ausland wäre ds allemal.
Diplomat - Dem Deutschen Jazz
Label: Berthold
Bestellnummer: 11046874
Erscheinungstermin: Oktober 2022