Die Suche nach der flüchtigen Schönheit
Fugitive Beauté – Bojan Vuletic
TEXT: Uwe Bräutigam |
Der in Düsseldorf lebende Komponist Bojan Vuletic hat zusammen mit der Jazzsängerin Vera Westera, dem Trompeter Nate Wooley und der Harfenistin Zeena Parkins ein Album mit neun Liedern und drei kleinen Instrumentalstücken veröffentlicht. Der Titel stammt aus einer Zeile des Gedichtes „A Une Passante“ (An eine, die vorüberging) von Charles Baudelaire) aus dem Zyklus `Les fleurs du mal`.
Vuletic hatte eine poetische und musikalische Vision, inspiriert von Baudelaires Zeilen:
„Fugitive beauté, Dont le regard m`afait soudainement renaitre, Ne te verrais-je plus que dans l`éternité?
"Flüchtige Schönheit, von deren Blick ich plötzlich neu geboren war, soll ich dich in der Ewigkeit erst wiedersehen?"
Diese Verse veranlasste den Komponisten neun Gedichte zu schreiben und sie mit Musik zu notieren, auf der Suche nach der flüchtigen Schönheit.
Seine Arbeit gab er in die Hände der drei MusikerInnen, die er wegen ihrer Virtuosität und Improvisationsfähigkeiten schätzt.
Vera Wetera (Gesang), niederländische Jazzsängerin, die ein tiefes Gespür für Improvisation hat und mit Michiel Braam, Vadim Neselovsky, Martin Fondse und anderen zusammengearbeitet hat. Sie hat viele Preise und Ehrungen erhalten, u.a. „Beste Niederländische Jazzsängerin“.
Nate Wooley (Trompete), Avantgarde Trompeter aus New York, der mit Peter Evans, John Zorn, Anthony Braxton, Evan Parker und vielen anderen MusikerInnen zusammengearbeitet hat.
Zeena Parkins (Harfe), Multiinstrumentalistin aus New York, die zu den Pionierinnen der modernen Harfenmusik gehört. Sie arbeitet fest mit Björk zusammen und hat ebenso mit John Zorn, Elliott Sharp und Yoka Ono zusammengearbeitet.
Die MusikerInnengingen mit den Songs in ein Tonstudio und hatten vier Tage Zeit sich mit den Kompositionen von Bojan Vuletic zu beschäftigen. Sie hatten alle Freiheiten die Kompositionen so zu verändern, wie sie wollten.
Nach dieser Bearbeitung durch die MusikerInnen kam der letzte Schritt. Bojan Vuletic nennt es `Relocation`, d.h. er mischt nun die endgültige Form der Musik ab.
Zusätzlich zu den neun Liedern haben die Musiker drei kurze instrumentale Improvisationen entwickelt, die auch auf der CD sind.
Die Lieder sind in Englisch, Deutsch, Französisch und Serbisch. Einige Songs, wie “Eclipse Epileptic“ haben eine leicht veränderte traditionelle Songstruktur. Nach zwei englischen Strophen, die in ähnlicher Weise klingen, wie Brecht Songs von Weil oder Dessau, kommt an Stelle der Bridge, eine Rezitation von Kernworten in Deutsch, um dann durch ein kurzes Trompeten Intro in die dritte englische Strophe überzugehen.
Die wandlungsfähige Stimme von Wera Wetera, gibt jedem Song eine ganz eigene Färbung,von zartem Sprechgesang, über gehauchte Worte, hart intonierte Aufzählungen bis zu klassischem Jazzgesang.
Nate Wooley setzt dazu mit seiner Trompete unterschiedlich Akzente, von lyrischen Phrasen, an den Miles Davis der 50er erinnernd, über schnelle nervöse Passagen bis kurzen Stakkatos und Luftgeräuschen. Zeena Parkins rundet die Stücke mit ihrer sehr feinen und filigranen Harfenmusik ab. Musik im Grenzbereich von improvisierter Musik, Jazz und Neuer Musik.
Für die Musik von Bojan Vuletic spielen solche Genre Schubladen keine Rolle.
Dem Komponisten und den drei MusikerInnen gelingt es mit dieser Musik das Flair der flüchtigen Schönheit zu vermitteln. Ein Album, das sich an keiner Stelle selbst wiederholt und vom ersten bis zum letzten Stück interessant und voller fugitive beauté steckt.
Fugitive beauté – Bojan Vuletic, mit Zeena Parkins, Nate Wooley, Vera Westera
Label: Ignoring Gravity