Die 100 besten Jazz-Alben
Mogelpackung mit Niveau
TEXT: Heinz Schlinkert | FOTO: s. u. erster link
Nach den ‚111 Jazz-Alben ..‘ nun schon wieder ein neuer ‚Jazz-Kanon‘, hier mit dem Untertitel "Eine Einführung in den modernen Jazz 1953-1962“. Interessant ist die Beschränkung auf 10 Jahre, erfreulich auch die dazugehörige CD. Doch eine ‚Mogelpackung‘ ist das Buch insofern, als die Auswahl nur auf Basis der neu erworbenen Lizenzen der spanischen Firma Elemental Music Records erfolgte.
Der spanische Text wurde – mit einigen Fehlern – ins Deutsche übersetzt und wird in Deutschland vom Medienverlag Edel herausgegeben. Es ist nicht im regulären Buchhandel, sondern bisher nur über jpc erhältlich. In einem Vorwort ordnet der Spiegel-Redakteur Tobias Rapp das Jazz-Jahrzehnt in die Geschichte des Jazz ein und hebt einzelne Alben hervor; er macht aber nicht deutlich, dass die Auswahlgrundlage beschränkt ist.
Auf je einer Seite des Buchs wird ein Album vorgestellt mit einem großen Foto, einem Text, einem oder zwei meist nichtssagenden Bewertungen aus ‚All Music‘ o.ä. und der Nennung von‚TOP-3 TRACKS‘.
In den kurzen Texten finden sich interessante Infos zum Album und zur Besetzung. Auch die Auswahl des einzelnen Albums wird oft begründet. Die Alben sind alphabetisch nach Musikern geordnet. Am Ende des Buches findet sich ein übersichtliches Inhaltsverzeichnis, bei dem deutlich wird, dass einige Musiker sehr oft vertreten sind (z. B. Miles Davis 8x, Chet Baker 6x, Coltrane 5x, Monk und Bill Evans je 4x), andere wichtige Musiker wie Dave Brubeck, Ben Webster und Duke Ellington aber nur einmal . Und es fehlen z. B. Paul Desmond, Benny Golson, Curtis Fuller, Lee Konitz, McCoy Tyner, Gene Ammons.
Dennoch ist die Auswahl nicht uninteressant. 1953 – 62, das heißt ja in erster Linie Cool Jazz und Hard Bop, auch wenn 1950 – 65 sinnvoller wäre. Zweifelsohne finden sich viele wichtige und durchaus repräsentative Alben wie Kind of Blue, Miles Ahead, Monk’s Dream, Moanin‘, Takin‘ Off etc. Aber warum bei Ellington Festival Session und nicht At Newport, warum bei McLean The Connection und nicht Bluesnik? Repräsentativer sind jedenfalls für Lee Morgan The Sidewinder, für Art Farmer Meet The Jazztet, für Horace Silver Song for my Father oder Blowing the Blues Away.
Aber es geht nicht nur um die Stars, auch Musiker wie Helen Merrill, Stanley Turrentine, Jim Hall und Lambert, Hendricks & Ross sind vertreten. Zur Sammlung gehören auch Aufnahmen an den ‚Rändern‘ dieses Jahrzehnts. Als Vorläufer finden sich u. a. Sidney Bechet, Lester Young, Charlie Parker (1947-51). Wayne Shorter und Herbie Hancock stehen für die Weiterentwicklung, die schließlich zum Fusion-Jazz führte.
Die Cover im Buch irritieren zunächst, weil man sie ganz anders kennt. Die Original-Cover sind daneben ganz klein abgebildet, wahrscheinlich wegen fehlender Foto-Urheberrechte.
Die CD beinhaltet 15 Tracks von Cannonball Adderley (Autumn Leaves) bis Lester Young (Louise). Eine gute Auswahl in guter Tonqualität, die Liste findet sich auf der jpc-Homepage (s. link unten).
Auch andere Firmen wie z.B. Verve geben Sampler heraus, die man bezahlen muss. Das ist in Ordnung. Man kann allerdings erwarten, dass der Werbecharakter deutlich wird und nicht unter der Überschrift ‚100 beste…‘ verbrämt wird.
„Die 100 besten Jazz-Alben“ (Jazz Images Sampler + Buch)
Hrsg. von Elemental Music Records, Barcelona
Übersetzung: Ulrike Libera
Label: Edel 2019, präsentiert von SPIEGEL Bestseller
Bestellnummer: 9562547
107 Seiten
Erscheinungstermin: 29.11.2019
Preis:9,99 €
Die Informationen über die Firma Elemental Music Records stammen von Uwe Tönjes, der auf der jpc-hompage am 10.12.19 dazu eine Rezension veröffentlichte; dort befindet sich auch eine Übersicht über die 15 Tracks der CD
https://www.jpc.de/jpcng/jazz/detail/-/art/jazz-images-sampler-buch/hnum/9562547
Cover-Fotos unter https://jazzimagesrecords.com/index.php/lps/