Dave Stryker with Bob Mintzer & The WDR Big Band
Blue Soul
TEXT: Heinz Schlinkert |
BLUE SOUL, das gabs schon mal 1959, es war ein Album und ein Song von Blue Mitchell, mit klassischem Jazz-Blues-Feeling. Doch da war Dave Stryker gerade mal geboren. Das Album BLUE SOUL des US-Amerikaners und der WDR Big Band klingt ganz anders. Es groovt, es swingt, es klingt schon eher wie Stanley Turrentine, zu dessen Quartett Dave Stryker fast 10 Jahre lang gehörte. Die Aufnahmen zu dieser CD fanden im März 2019 statt, wurden aber erst in diesem Jahr veröffentlicht.
‚Gitarren-Fuzzies’ haben ja den Ruf, im Umgang sehr kompliziert zu sein. Nun, das können wir nicht beurteilen. Das Ergebnis dieser Begegnung mit der WDR Big Band ist jedenfalls überzeugend. Es ist eine interessante Mischung von Eigenkompositionen und von älteren Songs, die von Bob Mintzer für die Big Band arrangiert wurden. Stryker wird (ge)featured und steht so in allen Stücken mit der Gitarre im Vordergrund, abwechselnd gesellen sich andere Solisten aus der Band dazu.
Beim ersten Stück Trouble Man von Marvin Gaye übernimmt Stryker die Melodiestimme und spielt im Stil von Wes Montgomery. Billy Test ist diesmal mit der Orgel dabei. Aha ist das Stück mit dem Offbeat-Titel, den die Bläser deutlich immer wieder intonieren. Bob Mintzer, der das Stück auch komponiert hat, übernimmt am TenorSax mit einem typischen Solo.
What's Going On, ebenfalls von Marvin Gaye, ist ein auch zeitgeschichtlich (1971) sehr interessanter Song, dessen Text leider immer noch aktuell ist:
Mother, mother
There's too many of you crying
Brother, brother, brother
There's far too many of you dying ...
Doch gesungen wird ja nicht, also geht die Gitarre mit der Melodie voran. Karolina Strassmayer schließt sich auf dem Alt mit einem Solo in einer nachdenklich-sehnsuchtsvollen Stimmungslage an. Mit Billy Test an der Orgel zieht das Tempo dann wieder etwas an, bis dass der Song in einem kleinen Crescendo endet.
In den Kompositionen von Stryker Came to Believe, Blues Strut und Shadowboxing swingt es intensiv, gerade das Richtige für eine Bigband. Hans Dekker an den Drums hat hier viel zu tun, Johan Horlen soliert am AltSax, Paul Heller boxt im Schatten am TenorSax. Am besten hiervon hat mir allerdings Blues Strut mit den Soli von Mintzer gefallen.
When Doves Cry von Prince zieht sich etwas, die recht ‘übersichtliche‘ Melodie wird sehr oft wiederholt. Besser der Hit von 1968, Wichita Lineman von Jimmy Webb, damals gesungen von Glen Campbell. Das Stück kommt mit der Gitarre von Dave Stryker ganz anders rüber, weniger melancholisch, eher beschwingt mit einem expressiven Posaunen-Solo von Andy Hunter.
Stan's Shuffle ist vielleicht das beste Stück. Mit Stan ist Stanley Turrentine gemeint, der diesen Song auch komponiert hat. Stryker hat diesen Song auch oft in seiner eigenen Band gespielt. Hier groovt es noch ehr als bei Stan, Bob Mintzer übernimmt Turrentine’s Part auf dem Sax.
Dave Stryker überzeugt auf der ganzen CD durchgängig mit seiner Gitarre. Die CD-Hülle im passenden Blues-Blau gibt viele Informationen, auch über die Solisten der einzelnen Stücke. Ein wunderbares Album, das mal wieder auch die hohe Qualität der WDR Big Band unter Beweis stellt.
Blue Soul Dave Stryker with Bob Mintzer & The WDR Big Band
Dave Stryker, Gitarre
WDR Big Band
Bob Mintzer, Leitung und Arrangements
Released: 2020
Record Label: Strikezone Records