Dave Brubeck Lullabies
Schlaflieder für die Enkel
TEXT: Heinz Schlinkert |
Dave Brubeck hätte dieses Jahr ebenso wie Charlie Parker seinen 100. Geburtstag gefeiert. Dave ist immerhin 92 geworden, Bird nur 35. Und Brubeck hat noch im Alter von 91 Jahren ein Album aufgenommen: Lullabies. Jazzfans denken bei diesem Titel wohl eher an das Lullaby vom Birdland. Dave Brubecks Lullabies sind ganz anders, denn er hat die Songs für seine Enkel gespielt, er spielt ganz alleine am Piano in seiner unverwechselbaren Art und Weise und meint dazu:
“Some of the melodies on this album are like those familiar songs. Some are original pieces that I thought would appeal to babies as well as an older generation. I hope the littlest ones will respond to this music, and that parents and grandparents will enjoy it as well.” Dave Brubeck, February 2011
Schon immer hatte er ein Faible für Lullabies, ursprünglich Wiegenlieder, die Kinder zum Einschlafen bringen sollten. Lullaby in Rhythm erschien schon 1953 auf dem Live-Album Jazz at the College of the Pacific mit Paul Desmond, Lullaby de Mexico von und mit Gerry Mulligan 1972 in Berlin. Das 2005 veröffentlichte Album Nocturnes enthalt einige der Stücke der aktuellen CD.
Am 6. Dezember erscheint nun die neue CD, spielt hier der Opa da im Nachhinein noch den Nikolaus? Das Foto rechts oben zeigt, dass Brubeck als Vater auch musikpädagogisch aktiv war. Sein erster Sohn heißt Darius, wohl wegen Darius Milhaud bei dem Brubeck in Oakland studiert hatte.
Auf jeden Fall ist diese CD nicht nur schlaffördernd, sondern auch in musikalischer Hinsicht interessant. Den Rahmen des Albums bildet Brahms Lullaby, bei uns eher bekannt als ‚Guten Abend, Gut Nacht‘, das erinnert vielleicht an die eigene Kindheit. Die meisten Stücke sind 2 bis 3 min lang. Fünf Stücke hat Brubeck selbst komponiert, „Lullaby For Iola”, “Koto Song“, „Softly, William, Softly“, „Briar Bush“, „Going To Sleep“; letzteres hatte er als Schlaflied für einen seiner Enkel geschrieben.
Zu den bekannten Stücken gehören Over The Rainbow – also ich kann das nicht mehr hören, ist mir zu kitschig, aber vielleicht hören Kinder das ja anders. Auch der Koto-Song von Brubecks Japan-Album ist dabei, er klingt aber nicht so exotisch wie das Original, und, sorry, mir fehlt hier Paul Desmond am AltSax. Summertime kann man immer wieder hören. „Hush, little Baby, don’t you cry”…bei Brubeck klingt es gar nicht so sehnsuchtsvoll, eher tröstlich. Dann am Ende noch einmal kurz Brahms Lullaby angespielt, jetzt aber Licht aus und schlafen.
Brubeck spielt durchgängig sehr ruhig, auch mit kleinen Improvisationen, doch im Vordergrund steht die Melodie. Es klingt irgendwie nach ... ‚früher‘, eben nach Kindheit, doch diese Zeit ist vorbei, schön nochmal reinzuhören. Aber für mich wird Brubeck immer der junge Pianist aus Berkeley bleiben, der mit Paul Desmond, Eugene Wright und Joe Morello neue Wege ging, z. B. mit Unsquare Dance.
Sony Rollins ist in diesem Jahr 90 geworden, er spielt immer noch, vielleicht toppt er ja noch die 92, im Moment ist es bekanntermaßen nur schwierig mit Konzerten
Zu empfehlen ist für Kinder das Zeichentrick- Video (s. u.), in dem anhand von Brahms Lullaby die CD vorgestellt wird.
Dave Brubeck Lullabies
Label: Verve
Bestellnummer: 10319876
Erscheinungstermin: 6.11.2020
CD ca. 18 €