Crime Jazz Orchestra
Violent Cities
TEXT: Dr. Michael Vogt |
Mit dem Album „Violent Cities“ wandelt die Dresdner Band „Crime Jazz Orchestra“ auf den Spuren von Ennio Morricone und Krimis der 1970er...
Eine Formation, die sich „Crime Jazz Orchestra“ nennt, macht keinen Blümchen-Jazz, erst recht nicht auf einem Album, das „Violent Cities“ heißt. Tatsächlich hat das neunköpfige Ensemble, das Kompositionen von Konstantin Jahn (composition & bariton saxophone) und Konstantin Svechtarov (composition & piano, synthesizer & ondes martenot) spielt, sich einem bigband-geprägten Sound verschrieben, der durch Krimis der 1970er und Filmmusik von Ennio Morricone inspiriert ist, wie Jahn unlängst im Interview mit apollo radio ausführte. Im Gespräch verriet Jahn außerdem einen stilistischen Trick, den das aus Dresden stammende „Crime Jazz Orchestra“ einsetzt: Tiefe Töne können vom Ohr schlecht geordnet werden, verunsichern dadurch unbewusst und sorgen für Spannung – ein Effekt, den sich auch die Musik von Horrorfilmen zunutze macht.
Sphärische Vintage-Sounds
Doch das bedeutet nicht, dass die Musik des Ensembles keinen Spaß macht. Ganz im Gegenteil! Eine Nummer wie „Monster Attack“ sorgt mit ihrem nervös einpeitschenden Bass, dem raschen Herzschlag des Schlagzeugs und aggressiven Bläsern ab dem ersten Takt für einen ordentlichen Adrenalin-Kick und lässt unvermittelt an Filmsequenzen denken, in denen es um rücksichtslose Gangster, gebrochene Helden, rasante Verfolgungsjagden und schmuddelige Rotlichtviertel geht. Oder rüsten hier vielleicht doch Außerirdische für einen Angriff auf unseren Heimatplaneten? Passend zum Titel des Stücks sorgen die Ondes-Martenot-Klänge, die Svechtarov gegen Ende des Stückes aufheulen lässt, mit ihrem sphärischen Vintage-Sound für eine unverkennbare Science-Fiction-Note.
Adrenalingeschwängert
Stücke wie „Bad Dreams“ „Kalter Entzug“ oder „Forced To Watch“ klingen insgesamt düster, geheimnisvoll und adrenalingeschwängert. Tempo legen Nummern wie das nervös hineilende „Shoot The Dog“ vor. „Finalissimo“ hingegen beginnt mit fatalistischen Bläsernoten, die über eine Abwärtsspirale von Klavier-Arpeggien hereinbrechen, um sich schließlich zu einem rasanten Funk zu wandeln – amerikanische Action-Serien der 1970er lassen grüßen. Ebenfalls funky, aber auf dekonstruiere Weise, gerade so als wäre die Musik in einen taumelnden Strudel geraten, der irgendwo im Niemandsland zwischen gestern und heute oszilliert, klingt das Titelstück „Violent Cities“. Hämmernde Rhythmen, in die sich rockig röhrende Klänge mischen, geben zeitgemäße Würze dazu. Zumindest vom Tempo her bildet „Cursed“ mit seinen Gamelan-Reminiszenzen und geheimnisvollen Harmonien einen Ruhepunkt. Und unter dem klischeehaften Titel „Helden sterben einsam“ zeigt die Formation zum Ende der CD noch einmal, dass die Musik des „Crime Jazz Orchestra“ sich selbst nicht ganz so ernst nimmt. Sie ist einfach eine gekonnt-unterhaltsame Hommage an eine spannende Epoche der Filmgeschichte.
Crime Jazz Orchestra
Violent Cities
Bigband Records