Axel Fischbacher & Kammerphilharmonie Wuppertal
Five Birds and Strings
TEXT: Stefan Pieper | FOTO: Stefan Pieper
Axel Fischbacher s Quintett holte sich für sein aktuelles Album "Verstärkung" durch die Kammerphilharmonie Wuppertal.
Im Jahr 1950 vereinte der Saxofonist Charler Parker sein Spiel mit einem klassischen Streicherensemble. „Der Reiz lag im Kontrast zwischen den konventionell arrangierten Passagen für Streichorchester und Parkers hochmodernen Linien“ so charakterisiert Roland Spiegel in dem lesenswerten Buch „111 Jazzalben, die man gehört haben muss“ die Fusion eines Bebop-Saxofonisten mit einem klassischen Streicherensemble. Der Zeitkontext war vor nunmehr 70 Jahren noch ein anderer und die musikalischen Lager scheinbar noch sauber voneinander getrennt. Heute sind alle Grenzen offen und die Einflüsse durchlässiger: Genau das wird deutlich, wenn Gitarrist Axel Fischbacher in seinem Projekt „Five Birds with Strings“ einen mehr gedanklichen als musikalischen Bezug zum historischen „Original“ herstellt.
Was Fischbachers Band und der Kammerphilharmonie Wuppertal hier produzieren, lebt von gegenseitiger Durchdringung. So will es der Gitarrist und Bandleader, der sämtliche Stücke komponiert und arrangiert hat. Bebende Tremoloflächen der Streicher eröffnen wie ein cineastisches Intro das Hörpanorama. Mit breiten Strichen eröffnen sie das Thema des Eröffnungssongs. Lässig klinkt sich Fischbachers Band ein, auf dass sich beide Lager auf ein fließendes Miteinander einigen.
Ein Geniestreich für sich auf dieser Platte ist auf jeden Fall das zweite Stück „Chromiles One“. Den Wesenskern dieser kompakten Nummer bündelt das Streicherenemble direkt zu Anfang: Chromatische Motive kommen wie in einem streng logischen Mosaik zusammen, eine Polyrhrytmik versetzt in texturhafte Schwingung, welche die Rhythmusgruppe bestehend aus Nico Brandenburg am Bass und Schlagzeuger Tim Dudek verdichtet. Das Resultat ist komplex, aber genial-einfach zugleich – mit Wendungen, die auch Thelonious Monk entzückt hätten!
Rock und Jazz, Blues und moderne Kammermusik reichen sich weiterhin die Hände. Immer wieder wird Fischbachers Gitarrenspiel herangezoomt – satt aufgeladen mit rockigen Licks und erdigen Blues ist dieses!
Auch Matthias Bergmann auf dem Flügelhorn und Saxofonist Dennis Gäbel haben ihre großen Momente, was im letzteren Fall manchmal etwas „Wheater-Report-artig“ anmutet.
Während bei Parker niemand dem Jazz-Bandleader das Neuartige streitig machte, herrscht in dieser Konstellation aus der Gegenwart Augenhöhe zwischen den beiden konträren (?) Lagern – mindestens! Denn die Wuppertaler Streicher sind mit allen Wassern einer zeitgenössischen Spielkultur gewachsen und Fischbacher hat dem neunköpfigen Streicherensemble „unerhörte“ Bravourparts auf den Leib komponiert. Ein Hörvergnügen von mitreißender Frische!
Leider war dem Rezensenten der Besuch einer der Erstaufführungen nicht vergönnt. Wegen Sturmwarnung war das Konzert im Jazzclub Krefeld buchstäblich „abgeblasen“ worden. Die CD bestärkt für den Besuch des Ausweichtermins in Krefeld.