Bild für Beitrag: 111 Gründe Jazz zu lieben | Warum liebe ich denn Jazz?
Bild für Beitrag: 111 Gründe Jazz zu lieben | Warum liebe ich denn Jazz?

111 Gründe Jazz zu lieben

Warum liebe ich denn Jazz?

Bochum, 31.03.2020
TEXT: Heinz Schlinkert | FOTO: Jan Scheffner

Der Titel: 111 – in der Esoterik ist das die Zahl, über die Engel mit uns sprechen. Was hat das mit Jazz zu tun? Gar nichts. Diese 111er ‚Nummer‘ ist wohl nur eine Art Aufreißer, der mögliche Leser anlocken soll, echte Jazz-Fans aber eher abschreckt. Der Autor Ralf Dombrowski macht sich selbst am Anfang darüber lustig und parodiert diese Zahl schließlich, wenn er eine CD-Liste als 112. Grund ('Bonustrack') ergänzt.

‚.. Jazz zu lieben‘, das hört sich schon besser an. Die im Buch beschriebenen ‚Gründe‘ bilden aber eher ein Sammelsurium höchst unterschiedlicher Geschichten als eine klare Beschreibung der musikalischen Elemente des Jazz.

Wenn mich jemand fragt, warum ich gerne Rosenkohl mag, dann würde ich etwas zu Geschmacksnuancen, vielleicht auch zu Aussehen und Geruch sagen. Aber doch nichts dazu, dass Adenauer ihn auch gerne aß oder dass mein Gemüsehändler einen BMW fährt.

Das klingt skurril, doch ähnlich geht es in dem Buch zu, in dem herzlich wenig zur ästhetischen Qualität von Jazz-Musik steht, um die es doch eigentlich gehen sollte. Stattdessen erfährt man z. B. dass Santana auch gerne Jazz hört und Miles Davis einen kanariengelben 1980er Ferrari 308 GTSi fuhr. Es gibt Kapitel wie ‚Jazz und Wort‘ und ‚Jazz und Bild‘, wie wäre es mit ‚Jazz und Ton‘? Doch da sucht man vergeblich. Die ästhetische Dimension von Jazz bleibt weitgehend auf der Strecke.

Zum Inhalt hat Michael Rüsenberg in seiner Rezension über einige Fauxpas des Buchs berichtet (s. link unten). So lässt sich die alte Frage ‚Was ist Jazz? ‚ nicht auf 2 Seiten mal eben beantworten, ohne wichtige Aspekte zu vernachlässigen. Das Buch ist aber ganz nett zum Rumstöbern und zur Entdeckung von bisher unbekannten Details wie z. B. dem Blindfold-Test und der Entstehung der Aebersold-Notenreihe. Andere ‚Gründe‘ wie, dass man zum Jazz nicht marschieren kann oder dass Jazz ‚auf seine Art auch Woodstock sein konnte‘, scheinen banal bzw. überflüssig.

So gibt es viele Möglichkeiten dieses Buch zu lesen. Von vorne nach hinten, von hinten nach vorne, oder einfach sporadisch mal reingucken. Ich empfehle letzteres, denn es besteht letztlich aus einer Ansammlung von Anekdoten. Ob man diese im Einzelfall alle braucht, wage ich zu bezweifeln. Das Buch dient eher der Unterhaltung, durchaus auch im positiven Sinne.

Wie schreibt der Autor am Ende: „Jazz muss man hören“. Genau, nur darum geht es in dem Buch nicht. Und dass es „im Jazz wenig Idioten gibt“, kann man nur hoffen. Auf jeden Fall gibt das Buch den Anlass selbst mal darüber nachzudenken, warum man eigentlich Jazz so gerne hört oder spielt.

Ralf Dombrowski 111 Gründe, Jazz zu lieben Eine Liebeserklärung
Verlag
: Schwarzkopf + Schwarzkopf, 11/2019
Einband: Kartoniert / Broschiert
ISBN-13: 9783862658046
Bestellnummer: 9153204
Umfang: 261 Seiten
Erscheinungstermin: November 2019
Preis EUR 14,90

empfehlenswerte Rezension:
Michael Rüsenberg, Es ist und bleibt eine Schnapsidee mit den 111-Gründe-Büchern …. (10.2.20)

Suche