Zuzana Leharová Quartet
Knochenmann
TEXT: Stefan Pieper |
Dieses Spiel leuchtet und blitzt auf - in aller Brillanz vom ersten Ton an. Zuzana Leharova redet von ihrem eigenen Lebenshunger, der ihre Musik und ihr furioses Geigenspiel eins zu eins abbildet. Knochenmann heißt ihr Debütalbum – ein Titel so kompromisslos wie die neuen Stücke, die sie und ihre hochmotivierte Band hier vom Stapel lassen.
Zuzana Leharova stammt aus der Slowakei und wuchs in Österreich auf. Irgendwann während ihres klassischen Violinstudiums verfiel sie dem Jazz, da dessen Improvisationskultur und die Freiheitsliebe dieser Musikerin einfach zusammenfinden mussten. Heute ist Zuzana Leharova vor allem in NRWs Szene aktiv, spielt unter anderem auch im Fuchsthone Orchestra.
Sie weiß ihr Instrument einzusetzen – mehr noch, sie lässt es auf diesem neuen Album als Teil von selbst unmissverständlich sprechen. Ihr virtuoses Spiel fegt jede Vorstellung von Stilschublade locker hinweg - vor allem vermeidet sie, in einschlägiger Jazzgeiger-Diktion in irgendwelche Klischeefallen hinein zu kommen. Ihr Sprache ist die von heute, sie wirkt urban, ohne dabei die eigenen, reichen kulturellen Wurzeln zu vernachlässigen. Der Gegenwart ihren Sound ablauschen, darum geht es! Da überschlagen und verästeln sich osteuropäische Linien und gerne haftet ihrer Tongebung auch etwas archaisches an, obwohl ihr Spiel jeder Folklore in jedem Moment haushoch überlegen ist. Stattdessen erreicht sie mit bewusst aus nötigste reduziertem Vibrato immer neue Schwebezustände, vor allem, wenn sie den Bogen nah am Steg führt, was manchmal auch etwas mahavishnuhaft wirkt – dabei kommt dieser ganze Soundkosmos augenscheinlich ohne Effektgeräte aus.
Wenn einem schon nach ein paar Minuten Hören auf Anhieb so viele Attribute einfallen, dann „lebt“ ein Klang, ist eine Musikerin mit ganzer Seele bei der Sache und wird jeder, der hier zuhört, auch in dieses Leben hineingezogen. Und das trifft ebenso für ihre fabelhafte Band zu – offenkundig teilen alle vier Musiker den spielfreudigen Lebenshunger ihrer Leaderin. Vor allem Joscha Oetz am Bass erwidert untenrum die überbordenden Energien dieser entfesselten Violine- was schon Herausforderung genug ist - und fungiert als physisches Bindeglied zum Schlagzeuger Nils Tegen und Pianist Konstantin Kramer. Und dann veredelt auch noch die Trompete von Bastian Stein einige ausgesuchte Stücke in diesem Programm.
Gemeinsam sind sie stark genug, um den Ozean musikalischer Möglichkeiten zu erforschen. Zwischen groovenden, ja rockenden Nummern, geht es hinein in frei improvisierte Quellensuche für neue Ideen - aber bevor sich so etwas im Abstrakten verliert, nimmt die Band wieder mächtig Fahrt auf. Fazit bleibt: Noch dynamischer als diese mutige Spielerin hat schon lange keiner mehr dieses Instrument aus jeder Nische emporgehoben – und da ist eine Band, welche diese Mission freudig unterstützt und teilt.