Bild für Beitrag: ​Großstadtsinfonie im Parkhaus | Anja Kreysing und das Theaitetos-Tio vertonten Stummfilm-Klassiker
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​Großstadtsinfonie im Parkhaus

Anja Kreysing und das Theaitetos-Tio vertonten Stummfilm-Klassiker

Münster, 02.09.2019
TEXT: Stefan Pieper | FOTO: Stefan Pieper

Parkhäuser sind gemeinhin Orte, an denen keiner länger als nötig bleiben will. Der Zugang zu dieser nüchternen Welt ist durch Schranken und Bezahlvorgänge reglementiert. Das nüchterne Halbdunkel liefert oft ein Setting für unheimliche Krimi-Szenen oder einschlägige Horrorfilme. Dass eine große Parkgarage auch zu einem verbindenden Ort bei einem künstlerischen Ereignis werden kann, wurde jetzt in Münster eindringlich demonstriert. Ein Filmkonzert seitens des legendären „Theaitetos Trios“, erweitert um die Münsteraner Akkordeonistin und Klangkünstlerin Anja Kreysing hatte sich Walter Ruttmanns Spielfilm-Klassiker „Sinfonie der Großstadt“ zur Partitur genommen.

Der Innenhof des modernen Parkhauses an der Engelenschanze erweist sich an diesem Abend als optimal für das fünfköpfige Ensemble mit seinem teils skurrillen Instrumentarium. Auf der Schmalseite des Rechtecks zieht eine Großbildleinwand die zahlreich erschienen ZuschauerInnen auf den Galerien ringsum in ihren Bann. Der Parkhaus-Betrieb läuft derweil ganz normal weiter an diesem Abend: Vereinzelt fahren Autos rein und raus, manche ihrer Insassen durchbrechen ihre eiligen Wege, um zumindest kurz staunend oder auch etwas irritiert an diesem unerwarteten Happening zu partizipieren.

Film und Musik ab: Walter Ruttmanns filmische Großstadtsinfonie erzählt und reflektiert in suggestiven Bildern einen Tag im Alltag von Berlin im Jahr 1927. Thema ist die Dynamik einer aufstrebenden Weltmetropole in ihrer ganzen Ambivalenz. Detailbeobachtungen und Stimmungsbilder vereinen sich zum großen Ganzen - dabei sind Ruttmanns filmische Darstellungsmittel weit ihrer Zeit voraus: Schnelle Schnitte und dynamische Kameraführungen weisen in die atemlose Videoclip-Ästhetik von heute. Die monströse Dynamik von Menschenballungen, Verkehrswegen, die zeitliche Taktung durch Mechanismen der Arbeitswelt und so viel mehr, was die Übererregung der Großstadt mit dem Einzelnen macht, kommen vor.

Und genau hier setzen die fünf Live-Musiker an, all dies mit musikalischen und klanglichen Collagen aus dem Heute zu füllen, zu verdichten und manchmal auch ironisch zu überhöhen. Wir kennen die Theaitetos-Musiker als Charakterdarsteller auf ihren Instrumenten und selbstgebauten Klangerzeugern, die sich konsequent von jedem akademischen und konventionellen Ballast befreit haben - und auch an diesem Abend zu dieser Filmvorlage die fröhliche Kunst der Unmittelbarkeit pflegen! Da ist Bernd Kortenkamp, der auf einem monströsen Stahl-Perkussionsinstrument den Puls der Stadt in rhythmische Aktionen zerlegt. Mächtig erhebt Helmut Buntjer die Stimme auf seiner Posaune, erzeugt zusammen mit Gitarrist Hugo Gérman Gaido auf diese Weise viel erzählerischen Drive, während Eisenbahnzüge über die Leinwand sausen, Räderwerke in Fabriken rotieren, Menschenmassen über Gehsteige fluten und auch auf Gegensätze zwischen arm und reich sowie verhängnisvolle politische Verwerfungen am Ende der 1920er Jahre mit wachem Blick angespielt wird. Johannes Dolezich auf Orgel und Celesta sowie Anja Kreysing auf dem Akkordeon, welche an diesem Abend mit dem vierköpfigen Trio kooperiert, tun ihr übriges, um gestenreiche Spannungsfelder zu vernetzen – also ist die Musik stets „mittendrin“, aber steht manchmal auch ironisch über den Dingen.

Anja Kreysing und Helmut Buntjer haben in Münster und Umgebung solchen Filmkonzerten an verschiedenen, oft ungewöhhnlichen Spielstätten zu einer großen Popularität verholfen. Entsprechend haben Förderer und Unterstützter den Wert von freier Kultur im öffentlichen Raum erkannt – also standen für diese Großstadtsinfonie im Parkhaus das städtische Kulturamt, die Musik- und Theaterfreunde Münster sowie die WBI, die Betreibergesellschaft dieses Parkhauses als Unterstützer bereit.

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