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​Freudenfest im Bunker!

Niggli, Keïta, Brönnimann in Bielfeld

Bielefeld, 05.02.2020
TEXT: Stefan Pieper | FOTO: Stefan Pieper

Lucas Niggli, der universelle Schlagwerk-Artist aus der Schweiz traf im Bunker Ulmenwall auf den Balafonspieler Aly Keïta, der zufällig im selben Dorf in Kamerun geboren wurde. Dritter im Bunde war der Bassklarinettist Jan Ganega Brönnimann. Es wurde ein ausgelassenes Freudenfest!

Dass Lucas Niggli mit einem Trommelwirbel zur Welt kam, ist ein beliebter Mythos, der aber für jeden, der diesen vor Spielleidenschaft sprühenden Schlagzeuger live erlebt, auf Anhieb plausibel erscheint. Das war im Jahr 1968 in Kamerun und zwar im Dorf, wo die Eltern des Schweizers Entwicklungshilfe betrieben. Dort wurde Aly Keïta zu seinem Gefährten, und der ist heute ein - nicht minder engagierter - Balafon-Spieler. Die Lebenswege trennten sich. Gemeinsame musikalische Begegnungen sind geblieben. Die jüngste war im Bunker Ulmenwall zu erleben.

„Das ist heute mein absolutes Wohlfühlprogramm“ bekundet Niggli später im Gespräch. Und es geht auch mit sehr viel akustischer „Wellness“ los, die aber auch das gewaltige Potenzial der drei Spieler offenlegt: Aly Keïta groovt sich ein mit jenen pentatonischen Skalen, aus denen oft sanftmütige Melodien hervorgehen, wie sie überall in der populären Musik Westafrikas in der Luft liegen. Jan Ganega Brönnimann lässt dazu seine Bassklarinette singen und schwelgen - und Niggli ist sowieso seinem impulisiven reaktionsschnellen, aber nie kraftmeierischen Spiel überall, wo es sein muss. Und daraus geht in fast zwei Stunden mächtig viel hervor: Alle drei emanzipieren sich auf Anhieb von jeder wohlfeilen „Weltmusik“, wenn sie als Improvisatoren mutig ans Eingemachte gehen und ihre reichen Erfahrungshorizonte in einem gemeinsamen Vokabular aufgehen lassen. Die Intensität wächst dadurch immens. Auch fasziniert, wie sich jeder Ton des Balafons mit den prasselnden Schlagzeugbeats synchronisiert, als würde beides zu einem Instrument verschmelzen. Oft fragt man sich, wo überhaupt der jeweilige Klang und die entsprechende Harmonie gerade herkommt in dieser gut geölten, beseelten Mechanik. Einen Bass braucht es nicht, denn allein, wenn Niggli in ausgesuchten Momenten sein tiefes Standtom traktiert, hat dies schon genug Bumms, auf dass der Bunker bebt. Zugleich ist weniger mehr und wird bei sparsam dosierten Veränderungen ein satter, repetitiver Sog erzeugt. Etwa, wenn subtile chromatische Tonartenwechsel die Farbe verändern. Das erinnert in seinem Gestus manchmal auch an eine andere Band von Niggli, die Jazzrockformation Steamboat Switzerland nämlich! Mal wird es abstrakter, fast freejazziger, aber das Spiel schwört sich auch ständig wieder in eine afrikanische Diktion ein. Verstärkend kommt hier dazu, dass das rauhe, schwelgerische Spiel von Jan Ganega Brönnimann auf der Bassklarinette Assoziationen an die Afrobeat-Hymnen eines Fela Kuti weckt. So könnte es endlos weiter gehen. Mal wird der Druck herausgenommen, wenn eine Ballade erklingt. Hierzu ließ Niggli dann auch mal das Licht im Bunker herunter dimmen. Das Publikum, das den Bunker bis zum letzten Platz füllte, war entrückt und beglückt.

Bemerkenswert ist immer wieder an dieser Spielstätte: Die „Bühne“ ist ein Viereck und das Publikum sitzt auf beiden Seiten davon. Die Musiker sind einander zugewandt, was den Musikern im Bunker immer das besondere Etwas verleiht. Das stellt hohe Anforderungen an die Soundtechnik, für die ambitionierte Lösungen gefunden wurden: Die zerklüftete Betonarchitektur, die sich teilweise wie akustische Wellenbrecher auswirkt, wurde mit mehreren dezentralen Lautsprechersystemen ausgestattet. Der Soundmixer hat hier einen anspruchsvollen Job zu erledigen. Das Resultat: Egal wo man sitzt, klingt es an diesem eigenwilligen Spielort an allen Plätzen präsent und gut!

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