Wunscherfülllung
Marc Brenken und Alex Morsey im Fallstaff
TEXT: Stefan Pieper | FOTO: Stefan Pieper
Die lauschige Bar im Obergeschoss der Theaterkneipe Falstaff sieht gar nicht wie ein Konzertsaal aus. Es gibt schwere Ledersessel, einen behaglichen Holzfussboden und Stehlampen. Zwar ist auch eine Art Bühne in einer Nische am Ende des Zuschauerraums vorhanden – aber die blieb verwaist, als Marc Brenken hier im Duo mit Alex Morsey aufspielte.
Denn der Essener Pianist, der zum Üben immer den Goethebunker aufsucht, wo sein eigener Flügel drinsteht, bevorzugt in einer Live-Situation den Standort seines Klavieres am liebsten mittendrin in der Menge seiner Zuhörer. Dies kennen wir bereits von Brenkens gefrager „Jazz for the People“- Reihe. Noch intimer und familiärer geht es seit den Sommerferien in Oberhausens Theaterkneipe Fallstaff zur Sache.
„Jazz for the People“ feiert am Mittwoch im Katakomben seine 100. Ausgabe. Die neue Reihe RJazz in Oberhausen ist seit den Sommerferien ein Ableger des bewährten Konzepts – und seit der Auftaktveranstaltung auf Anhieb zum gut besuchten Selbstläufer geworden. Darüber freut sich ganz besonders der Initiator Axel Behle, der den Raum einmal im Monat nutzen kann, damit hier Jazz stattfindet. Die neue Reihe habe sich extrem schnell herumgesprochen. Als verlässlicher Muliplikator erweist sich nach Axel Behles Erfahrungen immer noch die Oberhausener Tagespresse, die sich über viel posititive Unterstützung freut.
Und auch die bei „jazz for the people“ in Essen bereits bestens eingespielte musikalische „Basisdemokratie“ läuft in Oberhausen an diesem Abend rund. Das geht so: Brenken fragt das Publikum, was er und seine Mitstreiter spielen sollen. Meist greift das Duo an diesem Abend drei gewünschte Stücke im Block auf, um jedes Mal eine kleine, abwechselungsreiche Trilogie zu formen. Walk on the Wild Side, Autums Leaves, aber auch die Titelmelodie von „Lukas der Lokomotivführer“ , Blackbird von den Beatles, Autumns Leaves und viele weitere Stücke mehr gehören zum Material dieses Abends.
Das sind Sprungbretter für spielfreudige Adhoc-Abenteuer in denen es rockt und swingt, in denen Tonskalen behende rauf und runter stürmen. Brenken und Morsey brauchen kein komponiertes Gerüst und weder Netz noch doppelten Boden eines vorher ausgedachten Arrangements. Die Fantasie zur Ausgestaltung des Moments kennt keine Grenzen. Marc Brenken tobt sich mit ansteckender Leichtigkeit auf den schwarzen und weißen Tasten, manchmal auch ohne die Umwege der Mechanik unmittelbar auf den frei liegenden Saiten aus. Einfach spielen und sich nicht mehr bremsen lassen.
Mit ganz viel spontanem Humor, so mancher skuriller oder auch perkussiver Einlage. Basstöne tänzeln nicht minder beschwingt durch den Raum. Manchmal setzte Morsey ein rituell anmutendes Throat Singing ein – vielleicht ein Souvenir von der Mongolei-Tournee, welche die beiden dank des Goethe-Instituts vor einigen Jahren unternehmen konnten? Immer neue Bravourstücke entstehen und tun sich überraschende Wege bei der Ausgestaltung von scheinbar vertrautem auf. Sich frei spielen. So etwas erlebt das Publikum hautnah. „Guten Abend gute Nacht“ umweht irgendwann in nocturnohafter Poesie die andächtigen Hörer in den Ledersesseln. Wie behaglich ist dieses musikalische Wohnzimmer! Da kann es ruhig draußen kalt und dunkel sein.
Zum 100. Jubiläum der „Jazz for the People“ kommt eine entsprechend gewichtige Besetzung im Katakomben-Theater zusammen: Zusammen mit Marc Brenken musizieren und improvisieren Lars Kuklinski, Trompete, (tp) | Dimitrij Markitantov , Altsaxofon, (asax) Jean-Yves Braun, Gitarre, Alex Morsey Kontrabass und Hermann Heidenreich am Schlagzeug.. Mittwoch, 18.11.2015 Katakomben-Theater Essen, Beginn 20 Uhr
Nächster Termin der Reihe Rjazz im Oberhausener Fallstaff: Dienstag, 8. Dezember