Ein veritables Geburtstagsgeschenk
Jasper van't Hof- Quartett in der Börse
TEXT: Heinrich Brinkmöller-Becker | FOTO: Heinrich Brinkmöller-Becker
Die börse wird 50, die Wuppertaler Einrichtung als eines der ersten soziokulturellen Zentren in Deutschland feiert ihren Geburtstag. Und 50 Bands gratulieren zu diesem Anlass über das ganze Jahr verteilt mit 50 Konzerten. Ein Highlight war bereits jetzt am letzten Freitag zu erleben: Es gastierte das Jasper van’t Hof Quartett - neben der Tastenlegende mit dem Saxophonisten Christof Lauer einer weiteren Größe des europäischen Jazz‘.
Beide Musiker sind mit Stefan Lievestro am Kontrabass und Jamie Peet an den Drums auf der aktuellen CD „Skin Under“ zu hören, beide hatten in Wuppertal häufiger vielbeachtete Auftritte, Jasper van’t Hof in seinem über 50-jährigen Bühnenjubiläum allein neunmal. In seiner humorvoll-charmanten Art spricht der Pianist das Publikum auf den nostalgischen Rückblick an: „Waren Sie das damals?“ Beide spielen seit über 40 Jahren zusammen. 1983 bat Ralf Hübner die beiden Ausnahmemusiker, für sein Album „Courage of the Past“ zusammenzuarbeiten. Das bewegende Stück "Marsch für Oelze" – eine Erinnerung an den Schlagzeuger und Band-Leader von damals - ist jetzt auf dem neuen Album zu hören. Auch live in dem Konzert in der börse wirkt diese Musik ergreifend – vom unbegleiteten Tenorsax-Solo furios eingeleitet, um nach ekstatischen Höhenflügen der gesamten Band zu einem liedhaften Thema in besinnlich-melancholischem Mood zurückzukehren.
Man ist schon überrascht, dass der Auftritt des Quartetts in Wuppertal das erste Live-Konzert in dieser Besetzung sein soll. Die jeweiligen Einsätze und Soli lassen eine ästhetisch überzeugende intuitive Abstimmung erkennen. Stefan Lievestro und Youngster Jamie Peet geben ja schon seit längerem den vertrackten van’t Hof-Rhythmen im Trio die rhythmische Erdung. Christof Lauer, mit seinen kraftvollen Tonkaskaden ganz in der Coltrane-Tradition, erreicht einen Siedepunkt des expressiven Ausdrucks, wobei man bedauernd feststellen muss, dass der Ausnahme-Saxofonist, bis 2018 Mitglied der NDR-Bigband, leider in den letzten Jahren zu wenig zu hören ist.
Homogen klingende, packende Klangreise
Auf dem Wuppertaler Release-Konzert spielt das Quartett erwartungsgemäß Titel des neuen Albums „Skin Under“ wie „Fleur Protégée“, das wilde bluesige „That Blue Wunder“ und das energiegeladene Titelstück. Getragen von den stur durchgespielten ¾-Takt-Triolen des Pianos zündet Lauer in „Associations“ auf dem Sopransaxofon ein wahres Feuerwerk an Free Jazz-Eruptionen und erinnert bei den Spieltechniken und der Klangwelt assoziationsträchtig an andere Sopran-Saxophonisten wie John Coltrane oder Wayne Shorter oder natürlich in Wuppertal auch an Peter Brötzmann. Kaum merklich kommt die Band am Ende wieder zur gesanglichen Melodielinie zurück.
Auch mit den letzten Titeln des Abends aus der Feder von van’t Hof, mit „Quiet American“ und in der Zugabe mit „Schwester Johanna“, zelebriert das Quartett einen wilden mitreißenden Club-Jazz, der einfach frisch, jung und hochenergetisch klingt. Der vitale Bandleader hat es nicht nötig, sich in den Vordergrund zu spielen, zum Teil beschränkt sich das Piano auf reines Akkordspiel oder verstummt auch einmal ganz, um den anderen Bandmitgliedern Raum für Soli zu geben, um dann anschließend wieder virtuos mit 88 Tasten zu zaubern. Man kann kaum glauben, dass hier drei Musikergenerationen eine so homogen klingende und packende Klangreise unternehmen. Ein veritables Geburtstagsgeschenk!
Jasper van’t Hof Trio: Skin Under. Special guest: Christof Lauer. JARO Medien 4371-2
Das Jubiläums-Programm der Börse: http://www.dieboerse-wtal.de/dieboersewird50/