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Walking the Blues

NRW Jazzgeschichte in der Jazz-Schmiede

Düsseldorf, 31.01.2020
TEXT: Uwe Bräutigam | FOTO: Uwe Bräutigam

Der Bassist, Komponist, Arrangeur und Pädagoge Reinhard Glöder verkörpert ein Stück nordrheinwestfälische Jazzgeschichte. Glöder ist 1945 in Berlin geboren und zog später in das Rheinland, nach Düsseldorf. Neben seinem Musikstudium war er auch studierter Toningenieur. Hier im Rheinland war er ein umtriebiges Mitglied der Jazzszene.

Jürgen Hille hat über Reinhard Glöder einen ebenso stimmungsvollen wie informativen Film gedreht. Dieser Film hatte am 29.1. in der Jazz-Schmiede in Düsseldorf Premiere.

Reinhard Glöder war zur Filmpremiere anwesend und spielte mit dem Karsten Vorwerk Trio ein paar Stück bevor der Film gezeigt wurde. Glöder spielt seit elf Jahren Bass und Melodica in diesem Trio, mit Karsten Vorweg am Klavier und Robin Lambertz am Schlagzeug. Sie spielen Straight Ahead Jazz, von Monk bis Elligton, auch mit eigenen Stücken.

Reinhard Glöder hat auch ganz andere Phasen der Jazz Tradition aktiv miterlebt. So berichtet Peter Weiss im Film, dass sie Anfang der 70er zusammen Free Jazz gespielt haben. Glöder sagt im Film, dass er diese Phase dann hinter sich gelassen habe, da er einfach zuviel von Musik wisse.

Im Film kommen eine Reihe Musiker zu Wort, die ihn einen Teil seines Weges musikalisch begleitet haben.

So berichtet der Saxophonist Wolfgang Engstfeld , der später an der Kölner Musikhochschule als Dozent arbeitete, dass er Reinhard Glöder kennen lernte, als er noch völlig unbedarft im Jazz war. Engstfeld spielte damals, als Teen in einer Soulband. Glöder erkannte die Kapazität des jungen Mannes und sagte ihm, dass er gut Saxophon spiele, aber in der falschen Band sei. Wolfgang Engstfeld wurde von ihm an den Jazz herangeführt. Er hört bei ihm zum ersten mal Musiker, wie Dexter Gordon und erhielt elementaren Musikunterricht über Ganz- und Halbtonleitern. Wolfgang Engstfeld entschied sich dann für den Jazz und studierte Jazzsaxophon in Graz, damals in Europa die einzige Möglichkeit Jazz zu studieren.

Im Film wird auch der Jazzkurs in Remscheid erwähnt, auch etwas Einzigartiges in dieser Zeit. Dort trafen sich internationale Jazzmusiker, gaben Workshops, tauschten sich aus und spielten miteinander.

Wolfgang Engstfeld , der später mit Glöder und Uli Becherhoff aus Münster in einer Band spielte, betont, wie wichtig Glöder für ihn war, wie viel er von ihm gelernt habe.

Helga Schneider, der auch mit Glöder gespielt hat, war immer von seiner Offenheit angezogen. Kennen gelernt haben sie sich 1974 im Düsseldorfer Jazzlokal Downtown. Glöder sei im Kopf immer so offen wie ein Kind geblieben. Er sei nicht einfach ein Bassist gewesen, sondern ein Musiker, der Bass war nur ein Instrument, er habe eben auch Klavier und andere Instrumente zu Hause gespielt. Glöder ging es immer um die Musik.

Matthias Nadolny, der ihn mit Zwanzig traf betont, das Glöder ein völlig uneitler Mensch sei, von dem er unglaublich viel gelernt habe. Die eingespielten Bilder im Film zeigen langhaarige wilde Jungs, die damals auf Entdeckungsreise im Jazz gingen. Am Anfang stand der Freejazz, aber dann folgte auch Fusion. Glöder spielte in der Fusionband Virgo.

Obwohl für Glöder der Free Jazz nicht wirklich der Anfang war, als Jugendlicher spielte er in bereits in einer Dixiland Band Banjo.

Der Vibraphonisten Stefan Bauer, der nun seit Jahren in den USA, bzw Kanada lebt, war auch einer Musiker der mit Reinhard Glöder zusammenspielte. Matthias Nadolny beschreibt Glöder, der ja zwölf Jahre älter war, als einen großen Bruder, der viel Erfahrung hatte, musikalisch, aber als Toningenieur auch viel vom Aufnehmen und Abmischen verstand und die organisatorisch wirtschaftliche Seite ebenfalls beherrschte. Für Matthias Nadolny waren die Jahre mit Glöder eine sehr schöne Zeit. Sie fuhren mit Glöders VW Bus zu den Auftritten im ganzen Land und übernachtet wurde oft in Wohngemeinschaften.

Eine weitere Station auf dem Weg von Reinhard Glöder war Bassport, ein reines Bassquartett. Bassist Gunnar Plümer, der zur Band gehörte, erzählt, dass Glöder Standarts für Bassport arrangiert habe, zum Beispiel Con Alma von Dizzy Gillespie. Aber Glöder habe nicht nur arrangiert, sondern auch eigene Stücke geschrieben.

Eine weitere wichtige Phase von Glöders musikalischem Schaffen war die experimentelle Jazzrockband Virgo, die oben schon erwähnt wurde.

Fast zehn Jahre spielte er von 1989 an mit Achim Konejung im Kabarettbereich, im Albtraumduo. Später hat er auch wieder mit Helge Schneider zusammengearbeitet, den er aus frühen Jazztagen kannte. Reinhard Glöder hatte auch in beiden Schneider Filmen eine Rolle. Irgendwie erscheint Glöder als ein Hans Dampf in allen Gassen.

Aber das täuscht, er ist ein sehr strukturierter Mensch. Bei allem was er im Laufe seines Lebens gemacht hat, war und ist die Vermittlung von Musik an junge Menschen für ihn wichtig. Er hat als Lehrbeauftragter für Bass an der Uni Duisburg gewirkt und hat dort auch die Uni Duisburg Big Band gegründet und geleitet.

Auch heute mit fast 75 Jahren ist er noch aktiv als Musikpädagoge und arbeitet in Dormagen an der Musikschule, wo er auch eine Big Band aufgebaut hat, die er leitet.

Reinhard Glöder, trotz all dieser vielen Erfahrungen und Highlights in seiner Jazzkarriere, ist der uneitle Musiker und Pädagoge geblieben, der er in den frühen Jahren war.

Jürgen Hille hat dieses Urgestein des Jazz in NRW mit ruhigen Bildern, langen Einstellungen und mit vielen Naturaufnahmen in schwarz/weiß einfühlsam in Szene gesetzt. Ein Dokumentarfilm mit viel Poesie in den Bildern. Aber was natürlich dazu gehört mit viel Musik von den verschiedenen Bands mit denen Glöder gearbeitet hat. Die Stücke werden alle ausgespielt und das Filmpublikum hat Zeit in Ruhe die Musik zu hören. Der Film porträtiert ein ungewöhnliches Leben, einen sympathischen Musiker und Pädagogen, ein Stück Jazzgeschichte, aber es ist auch Musikfilm mit vielen hervorragenden Stücken.

Walking the Blues – ein Film von Jürgen Hille (103 Min)

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