Von zunehmender Bedeutung
8. YstadSweden JazzFestival 2017
TEXT: Bernd Zimmermann | FOTO: Bernd Zimmermann (links) | Tim Dickeson (rechts)
Was tun wenn das Interesse wächst aber die Kapazitäten weitgehend erschöpft sind? Vor diesem Problem stand das Management um den Präsidenten Thomas Lantz und dem Künstlerischen Leiter Jan Lundgren nach dem 7. YstadSweden JazzFestival nachdem im letzten Jahr die 8000er Marke gerissen wurde. Die Alternativen: Das Festival verlängern oder eine größere Venue. Die Lösung: Beides. Das Ergebnis: nahezu 11.000 Festivalbesucher. Für eine Stadt mit knapp 30.000 Einwohnern eine beeindruckende Zahl.
So begann das Festival in diesem Jahr also bereits ein Tag früher und auch gleich in einer neuen Venue. Die neue Mehrzweckhalle "Ystad Arena" wird zwar hauptsächlich für Sportveranstaltungen genutzt, wurde aber von vorn herein akustisch so optimiert, dass hier auch Musikveranstaltungen stattfinden können. Das Fassungsvermögen: bis zu 3.000 Zuschauer. Und so startet das Festival in diesem Jahr gleich zu Beginn mit einer beeindruckenden Kulisse von 1.500 Zuschauern, als bei dem Auftaktkonzert der schwedischen Jazzsängerin und Schauspielerin Monica Zetterlund gehuldigt wurde. Jan Lundgren, der Künstlerische Leiter des Festivals und einer der beliebtesten Jazzmusiker Schwedens hat stets ein besonderes Händchen, wenn es darum geht, das Interesse des Ystader Publikums zu treffen. Gemeinsam mit der Ekdahl & Bagge Big Band präsentierten Publikumslieblinge wie Tommy Körberg, Svante Thresson, Hannah Svensson, Tom Alandh und Jan Lundgren Evergreens der 2005 verstorbenen Sängerin.
Aber nicht nur das Händchen des Künstlerischen Leiters ist Garant für den Erfolg dieses eigentlich noch so jungen Festivals. Ein sehr engagiertes Festivalmanagement, 130 ehrenamtliche Volunteers, eine große Zahl privater Förderer und eine wachsende Zahl von Sponsoren sind die Voraussetzungen für die Arbeit an einem stets wachsenden Interesse an diesem für die Stadt und die Provinz Skåne so wichtigem kulturellem Event. Dies wird nicht zuletzt durch die immense Anzahl internationaler Journalisten unterstrichen wird.
Neben den auf vielen Festivals zu erlebenden Big Names, die allesamt in dem wunderbaren kleinen Ystader Teater zu erleben sind, bietet das YstadSweden JazzFestival aber eine Reihe von Konzerten nationaler und internationaler Künstler in hinreißenden Venues der Stadt.
Besonders hervorzuheben sind die, seit dem letzten Jahr in der Kirche des bereits 1267 gegründeten Klosters. Hier gaben sich in diesem Jahr zum Beispiel Bugge Wesseltoft, Bobo Stenson, Iiro Rantala und der niederländische Altmeister Louis van Dijk, der mit seinen 76 Jahren mehr als zu überzeugen wusste.
Die Höhepunkte waren aber die Konzerte von Bugge Wesseltoft und Iiro Rantala. Während Wesseltoft vor allem mit seinem "It's Snowing On My Piano"-Programm dafür bekannt ist mit akustisch nicht ganz einfachen Räumen spielen zu können, zeigte Rantala mit zum Teil eruptivem Pianospiel dass auch er durchaus komplizierte Räume zu nehmen weiß. Durch die tonale Überlagerungen mit Hilfe des enormen Halls erzeugte Rantala Klänge die an eine Orgel oder auch mal an ein Symphonieorchester erinnerten. Wesseltoft präsentierte neben bekannten Jazzstandards zwei völlig neue Kompositionen, die noch auf einen Titel warten und überraschte mit zwei Stücken seiner neuen, im September erscheinenden Solo-Platte. Diese knüpfte an das "Snowing On My Piano"-Programm an und wird Pop-Songs, wie z.B. Bridge Over Troubled Water oder Blowin' In The Wind in gekannt wesseltoftschen Klang enthalten.
Raum für Entdecker bieten auch die Konzerte im Konstmuseum. Der extrem spartanische Raum mit Neonleuchten an der Decke, sonst als Konferenzraum genutzt, lenkt keinen Moment von dem dort Dargebotenen ab. Hier wusste der dänische Pianist Carsten Dahl zusammen mit Jesper Zeuthen (sax), Niels Davidsen (Bass) und dem jungen Drummer Stefan Pasborg restlos zu überzeugen. Ein Amalgam aus Freejazz und Weltmusik mit ganz viel Kreativität auch im melodischen Bereich überzeugte das Publikum restlos.
Die richtige Musik, zur richtigen Zeit am richtigen Ort boten das Duo Klaus Paier (Akkordeon) und Asja Valcic (Cello). Auch sie bestachen neben ihren großartigem Spiel eigener Kompositionen mit der Fähigkeit den sakralen raum der S:ta Maria Kyrka zu nutzen.
Auch für die JazzKidz war in diesem Jahr gleich mehrmals was dabei. Am beeindruckensten das Konzert der Electric Banana Band, mit fast 1.000 kleinen und großen Zuschauern in der Ystad Arena funkige und jazzige kindgerechte Lieder zelebrierten.
Drei etablierte schwedische Musikschaffende seien hier ebenfalls besonders erwähnt. Viktoria Tolstoy stellte mit Kirster Jonsson (git!), Mattias Svensson (Bass) und Rasmus Kilhberg (Drums) ihr neues Werk "Meet Me At The Movies" vor. Und wer da denkt, das da nur Songs wie "Smile" odr "As Time Goes By" drauf sind, wurde bei "Angel", "Kiss From The Rose" oder "Calling You" überrascht.
Nils Landgren und Jan Lundgren mussten gleich zwei Mal ran, weil das erste Konzert in kürzester Zeit ausverkauft war.
Am letzten Festivaltag bot das YstadSweden JazzFestival noch einmal mit dem bereits erwähnten Iiro Rantala, Lars Danielsson mit Marius Neset und Morten Lund sowie Tonbruket ganz großes Kino - so als wollte man es den Besuchern besonders schwer machen vom diesjährigen Festival Abschied zu nehmen.
Artistischer Höhepunkt des Festivals boten Hiromi und Edmar Castañed. Technisch lieferten die beiden mit atemberaubenden Soli und Duetten eine absolut perfekte Show.
Es ist beeindruckend, was die vielen ehrenamtlich Tätigen in den wenigen Jahren in Ystad auf die Beine gestellt haben. Beeindruckend vor allem vor dem Hintergrund, dass dieses Festival auch von den Verantwortlichen in Politik und Verwaltung, aber auch den Unternehmen und nicht zuletzt von der Bevölkerung als kultureller und ökonomischer Standortfaktor begriffen wird. Denn neben der Steigerung des kulturellen Image wird hierdurch zunehmend die touristische Bedeutung dieses Festivals sichtbar.
Fotos on the right side: By kind permission of Tim Dickeson