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Viele memorable Momente

2. Ystad Sweden Jazz Festival 2011

Ystad, 09.08.2011
TEXT: Christoph Giese | FOTO: Christoph Giese

In Ystad singt sogar eine Koreanerin auf Schwedisch! Youn Sun Nah wagte sich als Gast beim zweiten Auftritt von Festivalleiter Jan Lundgren an ein paar Textzeilen in der Landessprache und verblüffte damit das Publikum im altehrwürdigen, vollbesetzten Ystads Teater, dem wunderschönen Hauptspielort des „Ystad Sweden JazzFestival“. Youn Sun Nah kann so etwas, die Koreanerin bezaubert einfach in jeder Sprache, auch mit dem Singen ohne Worte. Den schwedischen Trompeter Peter Asplund und den norwegischen Bassisten Arild Anderson zu diesem Einladungskonzert hinzuzuholen, war eine großartige Idee von Jan Lundgren. In unterschiedlichen Konstellationen bestachen diese vier Musiker mit sehr atmosphärischen und gefühlvollen Klangbildern, wenn auch alle in einer ähnlichen Stimmung. Ein Höhepunkt eines Festivals, das in nur einem Jahr Existenz rasant gewachsen ist. Drei Tage und 15 Konzerte waren es zur Premiere 2010; einen Tag mehr und insgesamt 33 Konzerte in diesem Jahr. Viel zu hören in der durch Henning Mankells Kommissar Wallander bekannt gewordenen südschwedischen Kleinstadt, ein Autostündchen von Malmö und Kopenhagen entfernt. Die Zuhörer kamen auch dieses Mal wieder nicht nur aus Schweden, sondern durchaus zahlreich auch aus dem Ausland angereist. Und dieses Festival macht Spaß. Auch wenn man es zu einem der bekanntesten im ganzen Land machen möchte, ist es bislang noch sympathisch, fast familiär. Die gut 100 Volontäre, die dieses Mal beim Festival überall mithalfen, sorgten mit für dieses Wohlgefühl.

Eine große Themenschiene gehörte dem Gesang. Der legendäre Schwede Svante Thuresson überzeugte als Crooner alter Schule zusammen mit der aus Ystad stammenden Big Blowin´ Bigband; die inzwischen in Berlin beheimatete Argentinierin Lily Dahab mit Charme, Charisma, starkem Gesang und einer Klasseband um den Pianisten Bene Aperdannier im Rücken in ihrem klug zusammengestelltem Programm aus Tangos, argentinischer Folklore und brasilianischer Musik. Miriam Aïda, eine Schwedin mit marokkanischem Vater, und ihre Band A Bossa Elétrica unterhielten prima mit funkig groovenden und gutgelaunten Bossas und Sambas. Die Brasilianerin Rosalia de Souza enttäuschte dagegen. Null Bühnenausstrahlung, eine Stimme, die nicht zu fesseln wusste und ein Jobim-Programm mit zumeist flachen Arrangements ohne Überraschungsmomente. Erst bei der Zugabe deutete ihre Band an, wozu sie bei spannenderen Bearbeitungen der Jobim-Klassiker in der Lage gewesen wäre. Stark dagegen die junge Schwedin Marina Mårtensson, eine Singer/Songwriterin aus Stockholm, die neben eigenen Klasse-Songs selbst „Ticket to Ride“ von den Beatles etwas Frisches abgewinnen konnte.

Bis zu neun Konzerte über den ganzen Tag verteilt, da musste man schon auswählen. Am dritten Festivaltag aber um 8 Uhr morgens schon im lauschigen Innenhof einer Keramikwerkstatt zum Frühstücksjazz zu gehen, was das Aufstehen wert. Denn es spielte Beshma aus Malmö. Das junge Trio um die Pianistin, Komponistin und Sängerin Fanny Gunnarsson ist eher eine Popband mit Jazzappeal, die Jazzstandards eigene Nuancen zu verpassen versteht, aber vor allem auch in den Eigenkompositionen mit schönen Melodien und Stimmungen verzückt. Fanny Gunnarsson war eine echte Festival-Entdeckung, ein Riesentalent mit großer Zukunft mit bislang einer veröffentlichten, hörenswerten EP „When It Peaks“.

Es gab viele memorable Momente an diesen vier bis jeweils nach Mitternacht dauernden, langen Tagen in Ystad. Die nach Folklore duftende, herrliche Musik des schwedischen Bassisten Georg Riedel, bekannt durch seine Melodien für die Filme von Astrid Lindgren. Die Piano-Solokonzerte des berühmten schwedischen Pianisten Bengt Hallberg und des Italieners Enrico Pieranunzi, der die Musik von Domenico Scarlatti interpretierte und traumhaft Barock mit Jazzimprovisationen kombinierte. Den humorvollen, aber auch musikalisch starken Auftritt des Stefano Bollani Trio und den ebenfalls mit Humor gespickten Batucada Jazz des Saxofonisten Magnus Lindgren, der zu funkigen Beats sogar über geröstetes Maniokmehl sang. Das spritzig sprudelnde und sich geschickt um eigene Klangnuancen bemühende Klaviertrio des Stockholmer Pianisten Erik Lindeborg, das sein exzellentes, aktuelles Album „Time“ vorstellte. Das Jan Lundgren Trio mit US-Sänger Hal Frazier und dessen ebenfalls singenden, allerdings zu exaltierten Tochter LaGaylia. Und natürlich der finale Schlusspunkt dieses erfolgreichen Festivals, das nicht nur die Anzahl der Konzerte mehr als verdoppelte, sondern auch die Zuhörerschar! Das Richard Galliano La Strada Quintet spielte erst zum zweiten Mal überhaupt seinen „Tribute to Nino Rota“. So eine luftige Musik voller Herzblut, so eine Verarbeitung der Themen Rotas durch Gallianos Akkordeon, die Trompete von Dave Douglas, das Saxofon und die Klarinette von John Surman, den Kontrabass von Boris Kozlov und das Schlagzeug von Clarence Penn – seelenvoller und beschwingter hätte dieses zweite „Ystad Sweden JazzFestival“ nicht ausklingen können.

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