Viel großartige Musik
23. Internationales Jazzfestival Münster 2011
TEXT: Christoph Giese | FOTO: Christoph Giese
Es ist halb zwei in der Früh und der total verschwitzte Joachim Kühn strahlt. So eben hat er sein Konzert beendet, aber das immer noch zahlreiche Publikum im wie jeden Abend ausverkauften Großen Haus der Städtischen Bühnen tobt und verlangt einen Nachschlag. Und Kühn ist begeistert von der Wärme und Zuneigung der Zuhörer. "Das ist mehr wert als alles Geld der Welt" ruft er den Leuten im Saal zu, setzt sich an den Flügel und spielt mit seinen beiden Partnern natürlich noch eine Nummer.
Beim alle zwei Jahre stattfindenden Internationalen Jazzfestival wiederholt sich das gleiche Bild. Ein enthusiastisches Publikum im immer vollen Theater – und viel großartige Musik, die im Ohr hängen bleibt.
Einen echten Höhepunkt braucht das Festival dabei längst nicht mehr. Die kluge, auf Kontraste setzende programmatische Zusammenstellung der langen Konzerttage mit immer vielen Premieren und unbekannten Musikern oder bekannten Namen in neuem Umfeld sind der fortwährende Festival-Höhepunkt.
Joachim Kühn ist dafür schon ein gutes Beispiel. Denn in seinem Projekt "Out Of the Desert" verquickte der Pianist und Saxofonist in Münster mit seinen famosen Partnern, dem marokkanischen Sänger und Guembri-Spieler Majid Bekkas und dem spanischen Schlagwerker Ramon Lopez, treibendes, freigeistiges Klavierspiel genial mit packenden Rhythmen und Melodien aus dem Maghreb.
Eine ungewöhnliche Melange, die aber ziemlich zündete. Auch was der junge israelische Pianist Omri Mor mit seinem "Andalujazz Trio" am Eröffnungsabend spielte, überschritt musikalische Grenzen. Auch hier klang der Maghreb durch, ebenso wie die Musik Andalusiens. Vermischt mit Jazz kreierten die drei Israelis einen hörenswerten, höchst vitalen Ethno-Jazz, der die Fesseln der Konventionalität aber noch nicht ganz abstreifen konnte.
Unkonventionell gingen andere zur Sache. Der US-Drummer Bobby Previte mit der Deutschlandpremiere seiner "Pan Atlantic Band" etwa. Ein Feuerwerk aus hypnotischen Rhythmen, herrlich sphärischen Fender Rhodes-Klängen und den Plaudereien von Saxofonist Wolfgang Puschnig und Posaunist Gianluca Petrella.
Der Italiener brillierte auch mit kuriosen und überraschenden Klangbildern seiner eigenen "Cosmic Band", einem zehnköpfigen Ensemble mit Musikern aus ganz Italien. "Zanussi Five" aus Norwegen waren zwar nur zu fünft, aber auch die Band des Bassisten Per Zanussi mit ihren drei Bläsern und einem stets puschenden Schlagzeuger sorgte für frischen Hörspaß mit ihren unerwarteten Wendungen und hitzigen Dialogen.
Der diesjährige "Westfalen-Jazz"-Preis ging übrigens an die Theremin-Spielerin Barbara Buchholz, die nach der Preisverleihung auf der großen Bühne einen kleinen Set spielte und dabei die Faszination ihres so ungewöhnlichen Instrumentes erahnen ließ.