Verbalartisten und Freestyler
1. Poetry Slam im domicil
TEXT: Stefan Pieper | FOTO: Stefan Pieper
Verbalartisten, Freestyler und "Wort-Sportler" finden immer wieder Gehör im Dortmunder Domicil, wo die Poetry Slams schon seit Jahren zum Selbstläufer geworden sind. Was lag also näher, die Sprachkunst mal mit dem "Kerngeschäft" des renommierten Jazzclubs zu verknüpfen, also spontane verbale Kreativität auf improvisierte Musik prallen zu lassen! Bei der Auftaktveranstaltung funktionierte dies auf Anhieb erstaunlich gut – Lyriker und Rapper wurde genauso enthusiastisch gefeiert wie die Band auf der Bühne. Denn man wurde eins miteinander.
Hier scheint zwingend zusammen zu wachsen, was an diesem Ort doch zusammen gehört. Den Anfang macht der Dortmunder "Chef-Poetry-Slammer" und Moderater der Lesebühne Sebastian 23, der so viele starke Sätze mal eben aus dem Ärmel schütteln kann. Zu den sphärischen Geräuschklängen der Band gibt er einen seiner Klassiker zum besten, eine Reflexion über die Verflossene, welche sarkastisch mit einem alten Haus verglichen wird. Nachdenklichkeit, bitterer Sarkasmus, fröhliche Komik – das liegt in diesen komprimierten Fünfminuten-Textbeiträgen so nah beieinander. Die unterschiedlicher, aber klar definierte Herangehensweise der versammelten jungen Literaten beeindruckt. Tobi Kunze aus Hannover weiß, was er will, wenn er in einem herausfordernden Rap seine Wort-Salven auf Publikum und Musiker abfeuert, die ihrerseits jetzt auf fett pumpende Grooves umgeschaltet hat. Lyrisch geht die Reise nach innen etwa bei Tobi Katze, der unter anderem über Begegnungen und Nähe reflektiert:"Wir haben uns angefasst in der letzten Nacht, aber haben wir uns wirklich berührt?" ist nur einer der vielen Sätze, die hängen bleiben. Sascha Thamm aus Remscheid reflektiert vor allem über die Freiheit des Individuums – auch hier lädt sich der Sprachfluss so intuitiv mit jener intuitiven Musikalität auf, welche Saxofonist Julius Gabriel, Gitarrist Serge Corteyn, Bassist Volker Kamp und Achim Kämper am Schlagzeug verströmen. Und das überwiegend sehr junge Publikum, giert ohnehin nach Sätzen und Texten mit Tiefgang- das zeigt die rege Resonanz zu dieser Zeit an diesem Ort. Waldo Riedl, künstlerischer Leiter und Geschäftsführer des domicil freute sich über das gelungene Debut, aber wünscht sich als ambitionierter Club-Betreiber noch mehr Weiterentwicklung. "Da geht noch viel mehr, wenn die Sache erst mal richtig ins Laufen kommt! " Künftig soll vierteljährlich ein Jazz-Slam über die Bühne gehen.