Bild für Beitrag: Uwe Kellerhoff solo beim Tatort Jazz | «AROUND» - Hören und Sehen
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Uwe Kellerhoff solo beim Tatort Jazz

«AROUND» - Hören und Sehen

Bochum, 10.09.2022
TEXT: Heinz Schlinkert | FOTO: Heinz Schlinkert

«AROUND» - Hören und Sehen

uweK

Nein, das Hören und Sehen ist mir nicht vergangen bei diesem außerordentlichen Konzert am 8. September im Kunstmuseum Bochum. Ganz im Gegenteil. Normalerweise geht es bei Konzerten ja vor allem ums Hören, diesmal haben aber Hören und Sehen den gleichen Stellenwert. Denn über der Bühne werden auf eine riesige Leinwand Videos und Grafiken projiziert, die sich im 'Gleichklang' mit der Musik verändern.

  • Musik

Uwe Kellerhoff hat diese Performance über einen längeren Zeitraum entwickelt, nachdem er im Planetarium Bochum das erstes Solokonzert „In einer Stunde um die Welt“ mit einer begleitenden 'Sternenshow' spielte. Doch alleine kann man so etwas nicht schaffen, fünf weitere Personen waren beteiligt und haben intensiv mit ihm kooperiert, um diese Performance auf die Beine zustellen.

Als Intro lässt Uwe nach der Eröffnung durch Milli Häuser Kugeln über ein umgedrehtes Tambourin rollen. 'Goldwaschen' nennt er das Stück, das von einer blauen Animation (s. 3. Foto rechts) untermalt wird.

In gut 70 Minuten hören und sehen wir 11 Stücke, die gespielt und grafisch immer wieder neu präsentiert werden. Es ist hier nicht möglich alle Stücke zu beschreiben, fast unbeschreiblich ist die Fülle der Eindrücke, die über die Wahrnehmungskanäle auf die Zuhörer/schauer einströmt und in jedem Kopf sicher einen anderen Gesamteindruck erzeugt. Mal spielt Uwe auf Congas, dann auf dem klassischen drumset, dann wieder nur auf Bongos, einmal nur auf einem Becken, auch ein riesiger Gong kommt zum Einsatz.

Besonders beeindruckt mich das Stück mit dem Wal, der anfangs mit den Walgesängen angekündigt wird und dann mit dem Gongschlag erscheint. Die Bilderreihe (s. Fotos links) verraten auch die poetische Qualität dieses Stücks.
Uwe wechselt mit jedem Stück seinen 'Spielplatz', mal vorne mit dem Tambourin, dann links mit den Congas, in der Mitte an den drums. Lonely Cymbal spielt er im Rampenlicht nur mit einem Becken. Auch seine Art zu spielen variiert. 'Bearbeitet' werden die Instrumente mit Jazzbesen, Stöcken, aber auch mit Boomwhackern; bei Bongos und Congas sind natürlich die Hände gefragt. Und Uwe ist Meister der ungewöhnlichen Takte. Man merkt es oft gar nicht, wenn man nicht versucht mitzuzählen. Das liegt an der klaren Melodieführung, aber auch an der Selbstverständlichkeit und Flüssigkeit seines Spiels.

'BD28' basiert auf einer Taktstruktur 28/8 mit wechselnden Rhythmen, die dann in einen 7/8Takt übergeht. Das hab ich mir hinterher von ihm erklären lassen. Trotz der von ihm erstellten Kompositionen, ist ein großer Teil seiner Musik improvisiert.
Sein Minimal-Music-Stück „Come & Go“ ist ein 12/8 Takt Bongo Werk, das aus fünf verschiedenen Rhythmen und einem Ostinato besteht.
Manchmal sind– wie beim Wal - samples zu hören, die die Atmosphäre der Stücke unterstreichen. Auch komponierte Playbacks werden als Spielhintergrund eingeflogen, die mit ihren eingängigen Melodien eine neue Klangfarbe im Raum schaffen.

  • Visualisierungen der Musik: Video und Grafik

Bei der Filmmusik werden Bilder vertont, hier ist es andersherum, der Ton wird 'verfilmt' bzw. grafisch dargestellt, d. h. Uwe hat komponiert und die anderen haben dies mit ihren Mitteln umgesetzt. Ingo Marmulla hat einmal während eines Konzerts Künstler Bilder zur Musik malen lassen. Doch Uwes Performance spielt in einer höheren Liga.
Alexandra Aubry (Videokünstlerin, s. Foto links unten) hat dazu sechs Trickfilm-Animationen entwickelt. Sie sagt, die größte Herausforderung für sie war als eher visuelle Künstlerin die Videos so zu gestalten, dass die Musik im Vordergrund bleibt. Neben den gewohnten poetischen und grafischen Gesichtspunkten musste sie die Rhythmusprioritäten berücksichtigen.
Die Designerin Susanne Zabel hat eine besondere Form der Bildvisualisierung entwickelt. Sie hat Kunstwerke von Werner Ryschawy (bildender Künstler) fotografiert und durch Bemalen der Fotografien mit digitalen Stiften neue Bilder kreiert, die zwischen den Filmsequenzen zu sehen sind.
Die Sängerin Milli Häuser, die seit Jahren auch Bands filmt und kleine Kunst-Filme dreht, hat die künstlerisch bearbeiteten Video-Animationen „Bambus & Spinne“ (s.o.) , „Mülltornado blau“ und „Becher an Bord“ eingebracht. Alle Künstlerinnen standen mit Uwe in stetigem Kontakt, um Bild und Ton zu koordinieren.

  • Technik

Last not least sind die Personen zu nennen, die man meist nur im Dunkeln hinter den Zuschauerreihen sieht: Tontechniker Dierk Dengel hat die Quadrophonie technisch eingerichtet. Vier Boxen stehen im Raum und das Publikum sitzt mittendrin im Sound, so dass Klänge durch den Raum wandern und sich im Kreis drehen können. Dierk setzt das aktiv und live um wie ein DJ am Abend. Auch hat er spontane, klangliche Veränderungen und Effekte an den Instrumenten vorgenommen, die aufhorchen ließen.
Rico Großer
(Theater- und Bühnentechniker) ist für Lichtdesign und Videotechnik zuständig. Sensibel verteilt er das Licht an die richtigen Stellen und setzt überraschende Lichteffekte.

  • Synästhesie andersherum

Hören und sehen - das passt nicht immer zusammen. Es gibt Menschen, die z. B. beim Anblick einer Rose die Geruchsempfindung von Kaffee haben. Andere riechen etwas und ohne es zu wollen hören sie Töne oder Melodien. Wieder andere sehen ein abstraktes Bild und haben dazu eine Melodie im Kopf. Allen gemeinsam ist das Phänomen der Synästhesie, bei dem physisch getrennte Sinneseindrücke gekoppelt werden. Bei diesem Konzert nun ist es genau andersherum. Visuelle (Projektionen) und akustische (Musik) Reize werden vorher von den Künstlern gekoppelt. Es wäre interessant vom Publikum erfahren, ob es diese Kopplung nachvollziehen konnte. Der stürmische Beifall spricht dafür.

  • Unterm Strich

Ein Konzert nur mit einem Schlagzeuger? Da könnten einige skeptisch gewesen sein, ob das nicht zu einseitig ist. Doch Langeweile kam nicht auf. Im Gegenteil, die Zeit verging wie im Fluge, weil sehr viele Eindrücke zu verarbeiten waren, vielleicht für manche Ältere zu viel? Junge Leute sind meist stärker an Multimedia gewöhnt. Die Reaktionen des Publikums waren jedenfalls sehr positiv, denn solch ein Konzert hört und sieht man nicht alle Tage. Bei der Zugabe erhob sich das zahlreiche Publikum und hat tatsächlich getanzt.
Diese 'Welturaufführung' sollte man in anderen Städten wiederholen, ich bin dann wieder dabei.

Uwe Kellerhoff | comp, dr, perc, elektronic & more
Dierk Dengel | Ton & technische Realisation
Alexandra Aubry | Trickfilmanimation
Susanne Zabel | Musik-Visualisierung
Rico Großer | Lichtdesign, Videotechnik
Milli Häuser | Dramaturgie & more

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