U.K. Quartett feat. Milli Häuser
Neuer Jazz in der ‚Alten Kirche‘ in Bochum-Wattenscheid
TEXT: Heinz Schlinkert | FOTO: Heinz Schlinkert
Ein Konzert am 29. Dezember – ob da jemand kommt? Doch, es kamen viele, mehr als die kleine Kirche fassen konnte. Ausverkauft. Und für die warme Atmosphäre drinnen war nicht nur die Heizung verantwortlich, auch das bunte Licht und vor allem die Musik selbst versetzten viele Zuhörer in eine wohlig-freudige Stimmung. Auch wegen der ‚überstandenen‘ Feiertage konnte man das Konzert in vollen Zügen zu genießen.
Die Band jedenfalls gab ihr Bestes. Sie ist 2017 aus der Hausband des Bochumer ‚Tatort Jazz‘ entstanden; das ‚U.K.‘ im Bandnamen steht für den Schlagzeuger Uwe Kellerhoff. Dazu gehören Peter van der Heusen (Sopran- und Tenorsaxofon), Matthias Dymke (Piano), Alex Morsey (Bass, Sousaphone) und als Special Guest Milli Häuser (vocals).
Die Band spielte alle Stücke ihres Debutalbums AKOLI, die bis auf eine Ausnahme (Bepop von Dizzy Gillespie) von Uwe Kellerhoff komponiert wurden. Dass ein Schlagzeuger komponiert hat, hört man an der komplexen Rhythmik, die auch die Melodieführung betrifft. Das Repertoire war sehr anspruchsvoll, es reichte von Bepop-orientierten Songs über Bossa und New Orleans bis hin zu afrikanisch geprägten Stücken. Und das durchgängig mit einem spezifischen Sound, der keiner anderen Band, die ich kenne, ähnelt.
Die schon erstaunliche Leistung des Debutalbums wurde von der Band im Konzert, auch wegen der vielen Solo-Einlagen, noch getoppt. Denn in dieser Band ist jeder ein Meister seines Instruments und deshalb auch überregional bekannt. Matthias Dymke spielt europaweit Solokonzerte in den Bereichen Jazz und freie Musik und hat drei Soloalben veröffentlicht. Peter van der Heusen wurde von der NRZ als "heißester Saxophonist Deutschlands" bezeichnet, er ist in vielen Genres zu Hause, am liebsten aber im Jazz. Er hat die Stücke des Quartetts maßgeblich arrangiert.
Das Konzert begann schwungvoll mit Two Souls und einem fulminanten Bass-Scat-Solo, einem Markenzeichen von Alex Morsey. Bass-Scatting haben auch andere vor ihm gemacht, aber Alex hat seinen Stil gefunden, sich selbst beim Bassspiel vokal zu begleiten und das auch gestisch zu gestalten. Dabei kann der Bass auch schonmal als Schlaginstrument ‚missbraucht‘ werden. Five, ein Stück im 5er-Takt, wurde von ihm mit einem Solo als Intro begonnen. Milli sang Ask me Now von ihrer Monk-CD und brachte auch bei Billie Holiday’s Good Mornin‘ Heartache ihr Gesangstalent zur Geltung.
Uwe wirkte unablässig im Groove-Hintergrund, manchmal legte er die Stöcke weg und spielte nur mit den Händen. Was mich immer wieder an Uwes Schlagzeugspiel fasziniert sind die kleinen eingeschobenen Breaks und Soli, die er manchmal fast unbemerkt in die Stücke einbringt. Er ist kein Freund von langen Schlagzeugsoli nach dem Motto ‚immer schneller, immer lauter‘, wie sie bei Rock-Konzerten erwartet werden. Seine ideenreichen, diffizilen Solo-Einwürfe beleben das Spiel der Band und sind ein wichtiger Bestandteil seiner Musik. Visuelle und akustische Attraktion war das expressive Sousaphon, das Alex, z. B. bei Bepop, mit erstaunlich tiefen Tönen, aber auch in ebenso erstaunlichen schnellen Tonfolgen spielte.
Einer der Höhepunkte des Abends war Akoli, das in einem Griechenland-Urlaub entstanden ist und der CD den Namen gegeben hat. Dazu begann Matthias Dymke als Intro mit einem längeren improvisierten Piano-Solo, das selbst die Band vorher nicht kannte. Das Thema des Songs, das mich immer an ‚Winds of Change‘ erinnert, wurde von Peter van der Heusen auf dem Tenor Sax sacht, aber eindringlich eingeführt. Die anderen Musiker führten es – anders als auf der CD – weiter bis hin zu einem gewaltigen Crescendo, das dann wieder vom Sax in ruhige Bahnen geleitet wurde. Milli sang dazu zum ersten Mal einen von ihr geschriebenen Text.
Und zum guten Schluss Uwes Stück Bembele, das sich an der westafrikanischen Bembele-Rhythmik orientiert. Für den Live-Auftritt sangen Milli und Alex am Anfang und Ende in einem Duett den traditionellen Musiktitel Balegareo, und zwar in der original amharischen Sprache. Uwe hatte diesen Song vor längerer Zeit in der Band Radio Ethiopia zusammen mit Pit Budde aufgenommen. Hier kam er in der Kombination mit Bembele sehr gut rüber und erhielt stürmischen Beifall.
Als Zugabe hörten wir Full House des Gitarristen Wes Montgomery, das dem Sound des Quartetts sehr gut entgegenkommt. Am Ende wieder stürmischer Applaus. Eine neue CD erscheint 2020. Weiter so!
link:
U.K. Quartett: https://milli-haeuser.de/uk-quartett/
Radio Ethiopia: Balegareo https://www.youtube.com/watch?v=pUS0kO7KQRY