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Überzeugender "Contemporary Creative Jazz"

in den KunsthallenRottstr.5

Bochum, 23.07.2014
TEXT: Heinrich Brinkmöller-Becker | FOTO: Heinrich Brinkmöller-Becker

Mit diesem Andrang hatte niemand gerechnet: Stühle mussten aus den Nachbarräumen besorgt werden, Veranstalter Georg Mallitz strahlt über die zunehmende Akzeptanz seines ungewöhnlichen Veranstaltungsortes, dem Gewölbe der KunsthallenRottstr.5 in Bochum. Zurecht, waren dem "transmedialen" Ansatz des Hauses entsprechend vor zwei Wochen noch Gunter Hampel mit seiner Crew aus jungen Musikern und einem Tänzer zu erleben, konnte man jetzt einem Quartett aus international hoch renommierten Musikern beiwohnen: Der 75 Jahre alte Klarinettist Perry Robinson gilt als einer der besten an seinem Instrument im Bereich des Modern Jazz, mit Dave Brubeck und dem Charlie Haden Liberation Orchestra machte er sich einen Namen, viele Auszeichnungen waren die Folge.

In Bochum tritt Robinson mit der Sängerin und Stimmkünstlerin Moo Lohkenn aus Wuppertal/Bochum auf, mit dem überragenden Christian Ramond am Kontrabass und dem ebenfalls völlig zurecht hochgelobten Perkussionisten und Drummer Klaus Kugel.

Das Konzert beginnt um 20.07 Uhr entsprechend dem Fahrplan der Bundesbahn, ein Zug rumpelt noch über das Tonnengewölbe hinweg, auf geht's. Kaum merklich stimmen die Musiker sich zum ersten Set ein. Hier eine kleine Klarinetten-Phrase, die von der Stimme von Moo Lohkenn kaum merklich aufgenommen und in einen (pseudo-)liedhaften Modus überführt wird, das Schlagzeug korrespondiert mit diesen Klang-Pastichen, ebenso der zurückhaltend mal gezupfte, mal gestrichene Bass. Das erste Set ist insgesamt geprägt von einem sehr verhaltenen, ruhigen Gestus. Das Quartett entwickelt ein atmosphärisch dichtes Klanggeflecht mit einer Reihe von Phrasen und Grooves, die gut zur Tonspur eines imaginären Großstadtfilms passten. Der ab und zu über dem Gewölbe rumpelnde Zug fügt sich nahtlos in diese Klangstruktur ein. Einmal gibt es ein kleines Aufleuchten eines "jazzigen" swinghaften Grooves, der nach kurzem Aufflackern wieder in ein ruhigeres Fahrwasser und einen tranceähnlchen Mood überführt wird. Von einigen Zuhörern wird dies – so ist in den Pausengesprächen zu vernehmen - offensichtlich als allzu ruhig und auch stellenweise vorhersehbar empfunden.

Eine Demonstration vielfältiger Quellen

Das zweite Set nach der Pause beginnt ebenfalls mit einem ruhigen Intro der beiden Stimmen, Moo Lohkenn und Perry Robinsons Klarinette starten mit einem vorsichtig tastenden Duett, das immer bestimmender und kraftvoller wird. Bluesige Tonfolgen, Klezmer-Anspielungen, überwiegend Moll-Skalen amalgamieren zu einem zunehmend äußerst dynamischen Tutti, Schlagzeug, Perkussion und ein subtil und mit viel Power aufspielender Kontrabass demonstrieren anschaulich die äußerst vielfältigen Quellen aller Vier, aus denen sie ihr musikalisches Material schöpfen und dieses zu einem gemeinsamen Klangraum verdichten. Schade, dass wegen des unverstärkten Spiels der Instrumentalisten so manches Capriccio, so manche gute Idee nicht differenziert genug wahrgenommen werden können, das Schlagzeug dominiert in so manchen Passagen und übertönt im wahrsten Sinne die zum Teil filigranen Ansätze von Bass, Klarinette und Stimme. Gerade der Bass von Christian Ramond geht dabei leider ein wenig unter. Bedauerlich, kann man doch in eher ruhigen Phasen des Spiels die hervorragende Technik und den spielerischen Einfallsreichtum des Bassisten – er ist übrigens Mitglied des Theo Jürgensmann Freedom Trios - gut heraushören, wenn er zu dem Quartett vielfältige rhythmische Muster oder melodisch-harmonische Akzente beisteuert.

Auch im dritten Set – sozusagen in der Zugabe – kann das Quartett an die Dynamik und Klangdichte des zweiten voll und ganz anknüpfen.

Bei allem flüchtigen Charakter von Musik – dies gilt vor allem für improvisierte Musik: Das Konzert hinterlässt trotz des eher schwächelnden ersten Sets insgesamt bei den Zuhörern den Eindruck eines äußerst homogenen und dichten Klangerlebnisses mit herausragenden Vertretern der improvisierten Musik oder – wie es in der Ankündigung heißt: des Contemporary Creative Jazz'.

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