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Über alle Grenzen erhaben

Osmanische Tradition und Jazz begegneten sich in Berlin

Berlin, 22.11.2019
TEXT: Stefan Pieper | FOTO: Stefan Pieper

Wer politisch verbindliche Landesgrenzen oder fanatisch verteidigte Kulturgrenzen mit dem wunderbar fließenden Charakter von Einfluss-Sphären auf der musikalischen Landkarte vergleicht, dem drängt sich die Absurdheit vieler Grenzziehungen auf: Orient? Okzident? Musik aus christlicher, islamischer, jüdischer Tradition? Vergangenheit? Gegenwart? Was aus tiefer Seele kommt, scheint sich herzlich wenig um kleingeistige Schablonen zu kümmern.

Die säkulare Passionskirche in Berlin-Kreuzberg ist eine engagiert betriebene Spielstätte für Musik aller Kulturen und Richtungen - und bietet auch an diesem Abend einmal mehr die beste Zuflucht, um in aufgeklärten Sphären abzuheben. Wenn Derya Türkan, der führende türkische Kemençe-Virtuose auf den Violaspieler Bratschisten Atilla Aldemir trifft, sorgen zwei Vollblut-Jazzer für den Zusammenhalt: Einmal der niederländische Bassist Eric Van Der Westen, zum anderen einer wohl spannendsten Protagonisten aus der aktuellen Istanbuler Jazzszene, der Komponist und Pianist Çağrı Sertel.

Über ornamenthafte Muster erhebt das Kemence, diese im ganzen vorderasiatischen Raum verbreitete Kastenlaute ihren Klage- und manchmal Jubelgesang. Mit intuitiver Neugier „antwortet“ Attila Aldemir auf der Viola darauf. Und Jazz kommt in der Passionskirche als ideale Kulturpraxis von Toleranz, als integrierendes Medium für neue, scheinbar „fremde“ Einflüsse, als beseelter, flexibler Durchlauferhitzer ins Spiel. Eric van der Westens Läufe auf dem Kontrabass wirken wie ein in sich ruhendes Fundament, bei dem ein unterschwellig treibender Groove Treibmittel ist, um die alten Stücke improvisatorisch weiter zu denken. In dieser Hinsicht laufen beim Pianisten Çağrı Sertel die Fäden zusammen: Sein Spiel webt mit einer maximaler sinnlicher Eleganz intelligente Netzwerke, um die homophone Tonsprache der „Originale“ mit ihren byzantinisch, jüdisch armenischen Einflüssen reicher und vielgestaltiger zu machen.

So meditativ diese feinziselierten musikalischen Teppiche sind, so ergreifend sind die Melodien und vielgestaltige Momente, die daraus hervor gehen: Staunen lassen viele Klangmischungen aus unisono geführten Stimmen, die manchmal nur einen Mikroinitervall beieinander oder nebeneinander liegen. Kraftvolle Wendungen geben dem musikalischen Fluss immer aufs neue eine eindringliche Rhetorik. Mal schweift ein meditatives Bass-Solo wie ein Gebetsruf durch den Raum, um dann wieder den anderen Instrumenten Freiräume zu eröffnen. Man fühlt sich erhaben und über den Dingen der schnöden Realität mit ihren ganzen realexistierenden Intoleranzen stehend – ein Zustand, den Musik mit so viel selbstverständlicher Leichtigkeit evozieren kann und für den die in Berlin, Leipzig, Halle und Dessau stattfindende Konzertreihe "Minstrel`s Era" einen unverzichtbaren Beitrag leistet.

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