Tobias Weindorf Quartett - Parable
Zwischen Elternstress und Punkrockhelden
TEXT: Uwe Bräutigam | FOTO: Uwe Bräutigam
Das Tobias Weindorf Quartett ist ein gutes Beispiel für Städteverständigung und Versöhnung. Drei Kölner und ein Düsseldorfer in einer Band und von den drei Kölnern spielt einer, der Bassist Christian Ramond seit langem in dem Düsseldorfer Engstfeld-Weiss Quartett. Mehr Miteinander von Kölnern und Düsseldorfern geht kaum, die nächste Stufe wäre schon die Mischehe.
Tobias Weindorf ist ganz erstaunt über den großen Publikumsandrang, denn seine Band stand nicht im Print Programm, sondern nur auf der Webside. Eigentlich sollte das Jazz Ensemble Düsseldorf (JED) spielen, die Allstar Jazz Band der Landeshauptstadt, deren Konzert wurde verschoben. Mitbegründer des JED ist das Urgestein des Düsseldorfer Jazz, der Schlagzeuger Peter Weiss , der auch im Tobias Weindorf Quartett mitspielt. Neben dem Pianisten und Bandleader Tobias Weindorf spielt in dem Quartett auch seine Frau, die Saxophonistin Kristina Brodersen. Also eine Art Mehrgenerationenhaus des Jazz, mit hochkarätigen Musiker*innen besetzt.
Tobias Weindorf möchte auf dem Konzert, sein neues Album Parable vorstellen. Auf dem Album will er möglichst viel von der Bandbreite des zeitgenössischen Jazz abdecken und das ist auch das Programm für das Konzert in der Düsseldorfer Jazz Schmiede. Die meisten Stücke sind von Weindorf selbst geschrieben. Das Konzert wird mit dem Eingangsstück des Albums Being Home eröffnet. Der Titel steht auch für die Musik von Weindorf im Allgemeinen, bei aller Unterschiedlichkeit und Tiefgründigkeit, fühlt man sich zu Hause. Die Musik ist angenehm, ohne gefällig zu sein, komplex ohne kompliziert zu sein, lebendig und modern ohne oberflächliche Avantgardismen.
Das zweite Stück Floating stammt aus dem ebenfalls neuen Duo Album Habakuk, das er zusammen mit Kristina eingespielt hat. Dann folgen zwei Stücke aus völlig gegensätzlichen Bereichen, ein älteres Stück von Cole Porter, und das Titelstück des Albums Parable, das vom Punkrock Musiker Joey Cape stammt, der das Stück auf dem Album auch singt. Natürlich ist das letztgenannte Stück rhythmischer, druckvoller und etwas wilder als Cole Porter, aber beide Stücke fügen sich nahtlos in das Programm. Weindorf kreiert eine Musik die klar und direkt ist, ohne künstliche Schnörkel voller Schönheit, egal ob er aus dem American Songbook oder dem Punkrock schöpft. Mit dem Titel One for The Caper, ebenfalls aus dem Duo Album, verneigt er sich vor seinem Punkhero, dem Lagwagon Bandleader Joey Cape, genannt The Caper. Schon als Jugendlicher liebte Tobias den kalifornischen Punkrock von Lawagon und Joey Cape. Letztes Jahr stand er mit seinen Hero gemeinsam auf der Bühne und durfte ihn auf seiner Europatournee auch musikalisch begleiten.
Aus dem Duo Album stammt auch das Stück Luke, das er seinem jetzt achtjährigen Sohn gewidmet hat. Luke ist meist ein lieber Kerl ist, aber laut Tobias, hat er sich am Vorabend geweigert seine Schlafanzughose anzuziehen. Irgendwie auch eine frühe Punk Attitüde. Das Stück Luke ist schnell und treibend, man ahnt das Luke und sein Bruder Leben in den Brodersen-Weindorf Haushalt bringen.
Der Titel Lost Song aus dem Parable Album ist eine Komposition von John Taylor, bei dem Tobias in Köln studiert hat. Taylors Musik ist immer von großer Eleganz gekennzeichnet, ebenso wie die Musik von Tobias Weindorf, natürlich mit einer ganz eigenen Stimme.
Als letztes Stück des Konzert spielt die Band It`s You von Lee Konitz. Der Altsaxophonist aus der Schule von Lennie Tristano ist ein wichtiger Bezugspunkt für das Spiel von Kristina Brodersen.
Alles was bisher über die Musik von Tobias Weindorf gesagt wurde, muss auf das ganze Quartett bezogen werden. Neben dem wunderbaren Pianospiel von Tobias Weindorf steht das warme Altsaxophonspiel von Kristina Brodersen im Mittelpunkt des Konzerts. Ihr Spiel, selbstbewusst und feinfühlig ist fest verankert im zeitgenössischen Jazz mit einer tiefen Verbindung zur Tradition. Das gilt in besonderem Maße auch für die Rhythmusgruppe mit Christian Ramond am Kontrabass und Peter Weiss am Schlagzeug, beides ungemein erfahrene und versierte Musiker, die seit Jahrzehnten den deutschen Jazz mitprägen. Christian Ramond und Peter Weiss sind stilistisch ungemein breit aufgestellt und mit allen Spielarten des Jazz vertraut.
Mit diesem Quartett kann Tobias Weindorf sich Being Home fühlen. Diese Band spielt auf höchstem Niveau, von der Phrasierung, bis zum feinfühligen Umgang mit der Dynamik.
So entsteht Musik von höchster Qualität und es macht viel Freude sie zu erleben. Das Publikum in der Jazz Schmiede erlebt mit dem Tobias Weindorf Quartett einen wunderbaren Konzertabend voller besonderer Momente.