The Sound of Art
KLANGART mit Al Di Meola
TEXT: Peter E. Rytz | FOTO: Peter E. Rytz
Auf dem Weg zum Skulpturengarten Waldfrieden in Wuppertal schweift der Blick an diesem regenverhangenen Sommerabend immer wieder prüfend den Himmel. Latifs Song Rain will go away schwirrt als Hoffnungsschimmer durch den Kopf. Allein Al Di Meolas Open-Air-Konzert in der neunten Saison von KLANGART gilt die Hoffnung jener - in der Mehrheit Ü 55 -, die sich da die Anhöhe hinauf bewegen, der Regen möge aufhören.
Um 18:30 Uhr hört es tatsächlich auf zu regnen. Mit Konzertbeginn um 19:00 Uhr klart es auf und um 19:30 Uhr zeigt sich sogar die Sonne. Es scheint, als ob es gar nicht anders sein könnte, als das der schon seit mehr als 40 Jahren immer noch frisch und kraftvoll mäandernde Sound Al Di Meolas zwischen Latin, Blues und Jazz selbst Wetterunbillen Einhalt gebieten könnte.
Di Meola mit tief aufgeknöpftem, weißem Hemd unter einer Weste in cooler Anmutung eines Latin Lovers ist unverkennbar nicht nur das musikalische Zentrum. Ihm gegenüber gibt Paolo Peo Alfonsi mit verwaschener, ärmellosen Jeansjacke über einem schwarzen T-Shirt den introvertiert wirkenden, empathischen gleichzeitig fulminant artikulierenden, Energie sprühenden Widerpart an der zweiten Gitarre. Der eine Generation jüngere Peter Kaszas an den Drums und Perkussion gibt in grauer Ü 30-Freizeitbekleidung dem Sound einen virtuosen Drive. Damit sind alle Voraussetzungen für einen atemberaubenden Abend erfüllt.
Beginnend mit Adour und Esmeralda von seiner im letzten Jahr veröffentlichten CD Elysium knüpft Di Meola zusammen mit dem fabelhaften Alfonsi sowie den kongenial akzentuierenden Kaszas dort fort, wo er als 19jähriger in Chick Coreas Band Return To Forever begonnen und mit Friday Night in San Francisco 1980 zusammen mit John McLaughlin und Paco de Lucía einen Meilenstein des akkustischen Gitarrensounds gesetzt hat. Sonnengebadete Lyrismen umschmeicheln melodiöse Grundlinien.
Mit staunenswert sauberem Tonansatz finden sich die dezent elektronisch verstärkten Akkustikgitarren von Di Meola und Alfonsi zu feinsinnigen, symbiotischen Dialogen in Cafe 1930 zusammen. Manchmal lachen sich Alfonsi und Di Meola ins Fäustchen, wenn einleitend zu Turquoise angekündigt wird – a difficult piece -, sie sich mit kantablen Variationen gegenseitig bis zu einem vermeintlichen, vom Publikum schon enthusiastisch applaudierenden Schlussakkord exzessiv vorwärts treiben und nach einer Generalpause pianissimo fortfahren.
Mit Because spielt Di Meola eine eigenwillige, lebenssprühende Hommage an The Beatles, wie er andererseits mit Ava’s Lullaby seine jüngste Vaterschaft in melancholischen Akkorden verklärt. Sich musikalisch der Vergangenheit zu erinnern, ist für Di Meola keine nostalgische Replik. Sein Sound ist im Hier und Heute präsent. Er ist ein offenes und mutiges Bekenntnis, dass Romantik keine Gegenwartsvergessenheit sein muss. Cerreto, ein Stück aus seiner im Herbst neu erscheinenden CD, hört sich in diesem Zusammenhang wie ein Versprechen an.
Wo Al Di Meola drauf steht, kann man sich auch in Zukunft drauf verlassen, Al Di Meola zu hören. Musik, die sich, auf einem lateinamerikanischen Sounding basierend, zu lyrischen, mitunter kammermusikalisch klingenden Klangkaskaden auftürmt und es in furiosen, manchmal bizarren Riffs schafft, am Ende auf die Gesichter der Zuhörer ein Lächeln zu zaubern.