Bild für Beitrag: The Dissonant Series 52 | Arashi - Jazz Thunderstorm
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The Dissonant Series 52

Arashi - Jazz Thunderstorm

Bonn, 23.04.2018
TEXT: Uwe Bräutigam | FOTO: Uwe Bräutigam

Die Band Arashi, des japanischen Free Jazz Pioniers Akira Sakata mit seinen Kollegen aus Nordeuropa, Johan Bertling aus Schweden und Paal Nilssen-Love aus Norwegen, ist zu Gast bei der In Situ Art Society in Bonn. Das japanische Wort Arashi bedeutet Sturm und dieser Bandname ist wörtlich zu nehmen.

Das Konzert in Bonn beginnt wie ein Gewittersturm, mit hoher Windgeschwindigkeit. Akira Sakata spielt superschnelle Läufe auf seinem Altsaxophon, Paal Nilssen-Love spielt kurze harte schnelle Schläge auf den Drums und Johan Berthling bearbeitet den Kontrabass als gäbe es kein Morgen. Dieser Wirbelsturm hält eine ganze Zeit an und verdichtet sich immer mehr.

Dann folgt Windstille, ein Basssolo mit dem Bogen gespielt, Akira Sakata setzt Zimbeln ein.

Dieser Wechsel von enormer Intensität zu ganz subtiler Spielweise wiederholt sich immer wieder im Laufe des Konzerts. Nicht als Muster, schon gar nicht vorhersehbar, sondern als ein Anschwellen und Halten der Energie, dann Abebben oder abrupter Abbruch und Übergang in einen feinen Modus. In den wilden Passagen erinnert es an die wilde Ungezähmtheit des Punk oder Grunge. Es ist wohl nicht verkehrt, wenn einige Leute den Free Jazz als den Punk innerhalb des Jazz bezeichnen, obwohl es sich zeitlich umgekehrt entwickelt hat.

Akira Sakata ist einer der Wegbereiter des Free Jazz, er spielte mit Peter Brötzmann und Peter Kowald zusammen, aber auch mit Toshinori Kondo (der vor einigen Wochen am selben Ort spielte), Yoshihide Otome, Matz Gustafsson, Ken Vandernmark und vielen anderen.

In Bonn spielt er Altsaxophon, besonders in den energetischen Passagen und Klarinette mit vielen lyrischen Anteilen. So spielt er im ersten Set ein langes melodisches Klarinettensolo, in das sich zurückhaltend das Schlagzeug einbringt, dann folgt der Bass. Die Klarinette zieht sich dann zurück und es entwickelt sich ein spannendes Bass und Schlagzeug Duo.

Das zweite Set eröffnet Akira Sakata mit einem lyrischen Saxophonsolo, Paal Nilssen-Love begleitet mit den Besen. Dann kommt der Bass hinzu und langsam erhebt sich wieder der Sturm.

Paal Nilssen-Love ist ungemein energetischer und versierter Drummer, der einen regelrechten Klangteppich aufbaut, der das Trio vorantreibt. Darüber spielt dann Akira Sakata wilde und schnelle Läufe. Die Musik steigert sich und läuft auf einen Höhepunkt zu, bricht dann plötzlich ab und geht in ein sehr sensibles Basssolo von Johan Berthling über, das mit dem Bogen gestrichen wird.

Akira Sakata spielt nicht nur Saxophon und Klarinette, sonder setzt auch seine Stimme ein, mit Kehlkopfgesang, wie es im mongolisch-sibirischen Kulturraum praktiziert wird. Tief tönend, Grunzgeräusche, aufgeregtes Schreien und Sätze in japanischer Sprache, die wie wütendes Geschimpfe wirken. Beschwörende Gesten und der nach oben gerichtete Blick erinnern an einen Schamanen im Kampf mit bösen Mächten.

Ein beeindruckendes Konzert voll wilder Energie und lyrischer Feinheit.

Im Dialograum war nicht nur bewegende Musik zu hören, sondern auch eindrucksvolle Bilder zu sehen. Großformatige Malereien des russischen Künstlerpaares Dmitry Vrubel & Victoria Timofeeva, die aus Moskau und Odessa stammen und seit einigen Jahren in Berlin leben.

Die Bilder stammen aus dem Evangelium Projekt und sind nach Vorlagen von Fotos aus Krisengebieten oder sozialen Brennpunkten gefertigt. Diese Bilder, die durch Nachrichten und Internet ständig präsent sind, entfalten durch ihre riesigen Formate und der Umsetzung in Malerei eine enorme Wucht. Das tägliche konkrete Elend der Bilder ist mit Bibelsprüchen versehen. So entsteht ein Gegenüber von christlichen Sprüchen und der grausamen Wirklichkeit in der Welt, der sich die Betrachter*innen nicht entziehen können.

www.in-situ-art-society.de

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