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Tatort Jazz

Sommerfest im Bochumer Kunstmuseum

Bochum, 04.06.2025
TEXT: Heinz Schlinkert | FOTO: Heinz Schlinkert

Proppevoll war der Saal des Bochumer Kunstmuseums, denn mehr als 300 Besucher waren zum Sommerfest des Tatort Jazz gekommen. Es hatte sich wohl herumgesprochen, dass etwas ganz Besonderes geboten würde; zu Recht, denn die Besucher wurden nicht enttäuscht. Als Gastmusiker für das erste Set waren Jörg Siebenhaar und Christian Kappe eingeladen. Fürs zweite Set hatte wieder Alex Morsey die Arrangements geschrieben, diesmal zu Stücken von Tom Waits.

Jörg Siebenhaar und Christian Kappe

Die Tatort Jazz Hausband mit Matthias Dymke, Alex Morsey und Uwe Kellerhoff spielt zunächst mit dem blinden Akkordeonisten Jörg Siebenhaar. ‚Keep me in Mind’ von John Scofield und zwei von Jörgs eigenen Kompositionen sind zu hören. Da klingt das Akkordeon fast wie ein Bandoneon, denn ‚Elle‘ ist musikalisch zwischen Jazz-Ballade und Tango-Milonga angelegt und ‚G-Waltz‘ könnte auch von Astor Piazzolla stammen. Umwerfend schön klingen besonders die langen Improvisationen auf dem Akkordeon. Die rote-blaue Hintergrund der Bühnenbeleuchtung trägt zur angenehmen Stimmung bei.
Akkordeonisten sind nur selten im Jazz zu finden, nur Richard Galliano ist international bekannt. Jörg Siebenhaar hat sich aber inzwischen in Deutschland einen Ruf erarbeitet, in anderen Konzerten wird er oft von dem Gitarristen Thomas Hanz begleitet. Heute beim ‚Tatort’ bringt die sehr jazzige Interpretation, manchmal dezent nur auf der Snare von Uwe begleitet, mehr Dynamik in seine Stücke. Schon hier erhält die Band sehr viel Beifall, das wird sich an diesem Abend noch oft wiederholen.
Ganz anders der Sound von Christian Kappe , der nun mit seiner Trompete den Part des Akkordeons übernimmt. Christian sagt sehr launig seine Stücke an wartet mit allerhand Informationen auf. ‚April Mist‘ von Tom Harrell sei „oft unterprobt“, doch man merke es meist nicht, berichtet er. ‚Et la vie continue‘ des französischen Trompeters Erik Truffaz spielt er erst im coolen Stil von Miles Davis, dann melodischer und geradezu dröhnend zum Abschluss. Bass- und Drum-Soli laufen zeitweise synchron.
Jörg Siebenhaar kommt nun wieder dazu und von diesem Quintett ist nun ‚Chicken‘ zu hören, ein Stück des deutschen Pianisten Johannes Kersthold. Da ist ein hochvirtuoses Piano Solo von Matthias Dymke angesagt, dem sich die anderen Musiker mit weiteren Soli anschließen. Dieses anregende Stück im Stil des Funkjazz der 60er Jahre verbreitet eine Art Aufbruchstimmung, die das erste Set abschließt.

Tom Waits Reloaded

Auch nach der Pause geht es mit dem Quintett weiter, doch der Star ist nun Alex Morsey. Nicht nur wegen seiner Arrangements, denn Milli denn Milli kündigt an, dass er auch singen wird, da Waits Stücke stimmlich ja sehr männlich geprägt sind. Aus dem riesigen Repertoire des skurrilen Sängers Tom Waits haben Milli und Alex fünf Stücke herausgesucht und arrangiert.
Vor allem Stücke vom Album ‚Swordfish Trombone‘ sind dabei, die im Original vier Minuten kaum übersteigen. Deshalb passten damals 16 Stücke auf die LP, doch in Alex’ Arrangement reichen sieben, weil sie wegen der vielen Soli wesentlich länger sind.
Bei der Kombination von ‚Just Another Sucker On The Vine’ und ‚Rain Dogs‘ solieren Jörg und Christian im Wechsel. Danach kommt auch Milli Häuser auf die Bühne und singt zu ‚Johnsburg Illinois‘, sehr überzeugend mit einem enormen Stimmvolumen. Im Original dauert das Stück nur anderthalb Minuten, doch die Band macht viel mehr daraus, das Solo von Christian auf dem Flügelhorn klingt geradezu festlich. Den Höhepunkt des Konzerts bildet ‚Underground‘. Alex erklärt zunächst, dass es im Text um Insekten geht, die in der Erde leben. Und kommt nun die ‚Weltpremiere‘: Alex brummt nicht nur wie sonst oft üblich, sondern er singt im tiefsten Bass, ganz ähnlich wie Tom Cruise:
„Rattle big black bones in the Danger zone
There's a rumblin' groan down below
There's a big dark town, it's a place I've found
There's a world going on underground.,,“
Zwischen den Strophen spielt Alex auf seiner Tuba, die sich ganz ähnlich wie sein eigener Gesang anhört und diesen Vortrag als Wechselgesang mit sich selbst erscheinen lässt. Auf den anhaltenden Beifall folgt ‚Jockey full of Bourbon‘, wieder singt Alex, doch diesmal nicht so tief. Es ist anzunehmen, dass er demnächst öfter auch als Sänger in Erscheinung treten wird.
Bei der Zugabe singt Milli ‚In the neigbourhood’. Das Publikum singt zwar nur zaghaft mit, belohnt aber die Band mit einem Riesenapplaus.

Fest der Superlative

Vier Konstellationen, unzählige Soli, langanhaltender Beifall auch nach einzelnen Stücken. Tatort Jazz hat sich diesmal selbst übertroffen. Vielen Dank für dieses hochkarätige und trotzdem sehr unterhaltsame Konzert!

Jetzt ist erst einmal Sommerpause beim Tatort. Weiter geht es am
27. August im Bahnhof Langendreer, wenn der Dortmunder Saxofonist Uwe Plath eingeladen ist.
Auch beim Bochumer Musiksommer (29.-31.8.) wird Tatort Jazz wieder mit mehreren Konzerten vertreten sein.

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