Tatort Jazz
mit Martin Feske 'Versatile'
TEXT: Heinz Schlinkert | FOTO: Heinz Schlinkert
Der neue Tatort im Fernsehen kommt immer am Sonntag, der Tatort Jazz in Bochum aber am Mittwoch, diesmal am 23. November im Kunstmuseum Bochum. Der Gitarrist Martin Feske war eingeladen und spielte mit der Tatort Jazz Hausband unter dem Motto 'versatile'.
- Tatort Jazz
'Tatort Jazz' ist seit Jahren ein fester Begriff in der Jazzwelt NRW. Milli Häuser hat diese Konzertreihe vor 16 Jahren installiert und beständig weiter entwickelt. Auch heute ist trotz Corona- und Erkältungswelle kaum ein Platz frei geblieben, das ist bei vielen Veranstaltern ganz anders.
Feste 'Tatorte' sind der Bahnhof Langendreer und das Kunstmuseum Bochum, denn dort gibt es jeweils 300 bestuhlte Plätze und die werden meist alle gebraucht. Und Tatort Jazz geht auch auf Tour im Revier.
Der große Erfolg ist auf das Konzept der Konzertreihe zurückzuführen. Es basiert auf der Grundidee, Bekanntes und Neues zu kombinieren. Die Hausband mit Matthias Dymke (Piano), Alex Morsey (Bass) und Uwe Kellerhoff (Drums) steht für Qualität und Kontinuität: Solisten bringen jeweils neue Impulse ein, musikalisch, aber auch visuell So ist es immer wieder spannend zu sehen und zu hören, wie die vier Musiker als Band agieren, obwohl sie in dieser Konstellation erst kurz vorher und zum ersten Mal geprobt haben. Da die Hausband aus hochqualifizierten Musikern besteht, die schon seit Jahren – auch im U.K. Quartett - kooperieren, kann kaum ein Konzert danebengehen. Die Band kann sich besonders gut auf 'bandfremde' Musiker einstellen.
SolistInnen haben eine besondere Rolle. Sie stellen vorher bei der Probe ihre Stücke vor und müssen fast aus dem Stand ein Arrangement finden, das der Band gerecht wird. Sie müssen aber auch ihr eigenes Profil einbringen, denn sie sind als 'primus inter pares' eben auch 'primus', der als Frontmann/Frontfrau die eigene Musik präsentiert.
Und genau da wird’s dann spannend. Wie gestaltet sich die Beziehung zwischen Solist und Band? Wie füllt der Solist seine Rolle aus, wie sind Ansagen, Ansprache, die Vorstellung, wie präsentiert er sich selbst? Wie baut er das Konzert auf, wie bindet er die Musiker ein? Aber auch: wie reagiert die Band auf den Solisten?"
- 7 Eigenkompositionen von Martin Feske
Heute ist Martin Feske eingeladen, ein sehr sympathischer, bescheidener Gitarrist. Er hat bisher vor allem als Sideman gearbeitet und mit unterschiedlichen Musikerinnen wie Albert Hammond, Peter Kraus, Till Brönner,
Paul Heller
oder Jose Carreras zusammengearbeitet.
Als Solist hat auch er heute seine Stücke mitgebracht, 7 von den 10 sind Eigenkompositionen. Eine davon heißt When Charlie passes by und damit beginnt recht schwungvoll das Konzert. Nicht von ihm komponierte Stücke werde meist in Kombination gespielt wie It could happen to you/ I remember you und Triste/All the things, das letzte im 7/4 Takt. Martin ist ein brillanter Gitarrist, in langen Soli stellt er sein Können unter Beweis, sein Sound erinnert mich an die Hamburgerin Sandra Hempel. Die Hausband spielt nach wie vor umwerfend, mit ihren Soli improvisiert sie sehr gut auch zu den für sie bisher unbekannten Stücken. Besonders Uwe Kellerhoff fällt dabei mit recht energiegeladenem Spiel auf, über seine für ihn typischen präzisen solistischen Einwürfe hinaus ist er diesmal mit mehreren längeren Soli vertreten.
Kommt man in dieser klangvollen Musik in einen Flow, der vielleicht durch die farbige Bühnenbeleuchtung verstärkt wird? Milli erzählte später, dass es sehr viele positive Rückmeldungen zu dem „tollen und berührenden Konzert“ gab, per mail sogar, und dies ist nicht immer der Fall.
Ich habe es nicht ganz so empfunden. Ich habe mir von Martin als Frontman mehr Bühnen-Präsenz erhofft. Er ist – wie er am Ende selbst sagt – “nicht gewohnt vorne zu stehen”. Das ist eigentlich kein Nachteil, 'Rampensäue' sind nicht erwünscht, Bescheidenheit ist Trumpf. Ich sehe es aber schon als Aufgabe eines Gastsolisten an, seine Musik auch verbal zu 'verkaufen'. Über minimale Ansagen hinaus gehören dazu die Titel und Anmerkungen, besonders zu den Stücken, die das Publikum noch gar nicht kennen kann. Damit würden die einzelnen Stücke in ihren Eigenheiten und Unterschieden besser wahrgenommen, Aufbau und Dynamik des Konzerts – 'versatile' ist das Motto - wären auch kognitiv erfahrbar. Außerdem ist verbale Kommunikation auch für die Beziehung zwischen Künstler und Publikum wichtig, und nicht zuletzt für den Künstler selbst, um später wiedererkannt zu werden.
- Peace - krönender Abschluss
Die Zugabe gefällt mir am besten: Peace von Horace Silver von seinem berühmten Album von 1958. solch eine Komposition eines Pianisten ist natürlich eine Herausforderung für Matthias Dymke, der er mühelos gerecht wird. Martin Feske überzeugt hier vollends, er klingt fast wie Jim Hall. Alex Morsey improvisiert über die Melodie mit dem Bogen, Uwe Kellerhoff begleitet sachte mit den Jazzbesen. Ein schöner Abschluss!
Weiter gehts mit dem Tatort am 14.12., wieder im Kunstmuseum mit den Gästen: Patrik Hengst, dr, und Christian Ugurel, sax
Motto: »Play Paul Motian«
Die Winterpause endet beim TATORT JAZZ schon im Februar mit einem Konzert im Bahnhof Langendreer