Tastenhexer back in town
Fotoausstellung und Konzert mit Jasper van’t Hof
TEXT: Heinrich Brinkmöller-Becker | FOTO: Heinrich Brinkmöller-Becker Elmar Petzold
Das Versprechen von vor zwei Jahren ist nun eingelöst: Jasper van’t Hof, der Star des europäischen Jazzpianos, ist zurück und gab in der Bochumer Riff Bermudahallle ein Solo-Konzert. Doppelter Bezugspunkt dabei: Sein Auftritt im Bochumer Kunstmuseum vor zwei Jahren (s. Review in nrwjazz). Dieses wurde optisch in einer Ausstellung mit Fotografien des Rezensenten in Erinnerung gerufen. Dazu kommt: Das damalige Konzert ist aufgezeichnet worden und wird jetzt in einer limitierten Auflage vom Musikproduzenten Oliver Bartkowski in einer aufwendig gestalteten Box veröffentlicht.
Es handelt sich dabei um eine komplette Neueinspielung von Jasper van’t Hofs Album „Flowers Allover“ aus dem Jahre 1978. Und die Titel der neuen Live-CD stehen denn auch im Zentrum des ebenfalls von Oliver Bartkowski organisierten aktuellen Konzerts.
Dem gut gelaunten Pianisten ist seine Freude anzumerken, endlich wieder vor Publikum spielen zu können. In locker-humorvoller Anmoderation seiner Stücke setzt er sich an den Flügel und entlockt dem Steinway im Intro einen Walzer (Riff), der es mit seiner wilden Improvisation in sich hat und den Geist von Befreiung nach den Monaten von sozialem und kulturellem Lockdown spüren lässt. Es folgt La truite in einem eher ruhig-besinnlichen Modus, der in superschnelle Läufe und Arpeggien überführt wird. Dies gilt ebenso für den Tanz Pas de deux. Auch However setzt der Pianist mit vollem Pedal- und Körpereinsatz kraftvoll um. Das Charakteristische seiner Spielweise dabei: Die wuchtigen Akkordblöcke und virtuosen Hexereien haben immer eine besondere lyrische Note, das leise Mitsummen des Musikers weist auf ihren eigentlich melodiösen Charakter hin.
Octupus und The Conductor sind eher rhythmisch-perkussiv angelegt, um immer wieder neue harmonische Haken zu schlagen. Der Album-Titel Flowers Allover bildet den vorläufigen Schluss des Konzerts, auch hier verblüfft Jasper van’t Hof mit immer neuen improvisatorischen Einfällen.
In der Zugabe gibt der Tastenhexer noch ein Beispiel aus seiner Pili Pili-Zeit: In Hippo Hips hämmert die linke Hand einen Groove, der an ein komplettes afrikanisches Trommelset erinnert, worüber die rechte Hand nicht enden wollende Läufe zaubert. Augenzwinkernd kontrastiert Jasper van’t Hof die tanzbare Energie dieses Stücks mit einer kurzen Eingabe des „Bochum Swing“ - ein paar Takte, wie nordeuropäisch zurückhaltend dies klingt.
Der begeisterte Applaus entlässt den Pianisten nicht aus der Pflicht einer zusätzlichen Zugabe: Peace from Horace Silver bildet den besinnlich-nachdenklichen Schlusspunkt eines faszinierenden Konzerts eines faszinierenden Musikers. Aus jedem seiner Stücke kreiert er ein ganz eigenes harmonisch-rhythmisch-melodiöses Gebinde mit schier unendlichem Facettenreichtum. Der Abend demonstriert anschaulich: Jasper van’t Hof ist ein großer Tastenkünstler und Repräsentant des Jazz, seine improvisatorische Kunst zeichnet sich aus durch ein Höchstmaß an Virtuosität, Spielfreude und Power – und einer überaus freundlichen Zugewandtheit gegenüber seinem Publikum.
Die Fotoausstellung mit meinen Fotografien von dem Konzert im Jahre 2019 zeigt in Schwarzweiß und Farbe einen ausgesprochen vitalen Musiker in voller Aktion – bis hin zu den Tränen, die ihm vor lauter Rührung ob der Publikumsreaktion kommen. Die Ausstellung ist noch bis zum 25.11.2021 in der Gastronomie des Art Hotel Tucholsky in der Viktoriastr. 73 in Bochum zu sehen.
Die CD-Box Jasper van’t Hof: Live. Flowers Allover in Bochum. 2021 ist noch für 36 € über info@wunderbar-marketing.de erhältlich.