Bild für Beitrag: Tastenästhet mit großer Begleitung |  Fred Hersch mit der WDR Big Band beim Klavier-Festival Ruhr
Bild für Beitrag: Tastenästhet mit großer Begleitung |  Fred Hersch mit der WDR Big Band beim Klavier-Festival Ruhr

Tastenästhet mit großer Begleitung

Fred Hersch mit der WDR Big Band beim Klavier-Festival Ruhr

Essen, 18.06.2019
TEXT: Christoph Giese | FOTO: Christoph Giese

Eigentlich ist er berühmt geworden als Solopianist oder in kleinen Formationen wie dem Duo oder dem Trio. Dafür hat der Amerikaner Fred Hersch bereits etliche Grammy-Nominierungen eingeheimst und Preise gewonnen. Heute renommierte Jazzpianisten wie Brad Mehldau waren einst seine Schüler.

Beim Klavier-Festival Ruhr spielte der Pianist jetzt allerdings mit der WDR Big Band. Und verzauberte die vollbesetzte Essener Philharmonie mit seinem weichen, pastellfarbenen, impressionistischen Klavierspiel.

Viele Eigenkompositionen aus verschiedenen Lebensphasen hat Fred Hersch nach Essen mitgebracht. Vince Mendoza hat diese wunderbar für den großen Bigband-Klangkörper arrangiert. Und die Kölner zeigen einmal mehr ihre ganz große Klasse. Denn sie können auch verhalten und dabei ungemein farbenreich musizieren. Das Orchester kann schwelgen, sanft begleiten und ausmalen was Fred Hersch am Klavier vorgibt.

Gar filmisch wird die Szenerie bei einer Nummer über den Mord an einem schwulen amerikanischen Studenten durch zwei homophobe Gleichaltrige. Fred Hersch ist selbst homosexuell und hat mit „Out Someplace“ ein bedrückendes Stück Musik geschaffen.

Mit „The Big Easy“ und New Orleans-Feeling heitert die Stimmung wieder auf. Und auch hier hat Vince Mendoza einfach herrlich bunte Klangbilder orchestriert. Das von Robert Schumann inspirierte „Pastorale“ zeigt eine weitere Facette von Fred Hersch und seine Liebe zur klassischen Musik. Das getragene „The Orb“ ist seinem langjährigen Lebenspartner gewidmet, der ihn durch eine schwere Leidenszeit vor über zehn Jahren mit einem zweimonatigem Koma nach einem Nierenversagen begleitete. Nach dieser Zeit musste Fred Hersch das Klavierspielen übrigens neu erlernen.

Ein wenig Joni Mitchell noch, eine Monk-Nummer, ein paar Solostücke zu Beginn des zweiten Sets, und dann muss man fast schlucken ganz am Schluss. Denn zur Zugabe spielt Fred Hersch solo Billy Joels so berührendes Popstück „And So It Goes“. Mit soviel Intensität, dass es fast wehtut.

Wer dieses Konzert verpasst hat - seit wenigen Tagen gibt es einen Tonträger im Handel dieser Zusammenarbeit zwischen dem Pianisten und der Kölner Großformation, mit neun Kompositionen des Ausnahmepianisten: Fred Hersch & The WDR Big Band „Begin Again“ (Palmetto/H´Art).

Suche