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Tanzprojekt Flut in der Oper Köln

Musik und Tanz begegnen sich auf Augenhöhe

Köln, 18.09.2021
TEXT: Uwe Bräutigam | FOTO: Joris Jan Bos

Im Januar 2020 begann eine Reihe, die unter der weitgefassten Rubrik "Jazz und Tanz" über neue Entwicklungen im Zusammenspiel von Tanz, Jazz und zeitgenössischer Musik berichtete. Diese Berichterstattung kam durch die Pandemie völlig zum Erliegen. Mit dem folgenden Bericht soll diese Reihe nun wieder fortgeführt werden.

Zum 250. Geburtstag von Beethoven wurden viele Projekte entwickelt, die den Komponisten in die Gegenwart bringen sollten. Beethoven als Visionär und Neuerer bietet sich dazu an, wie kaum ein anderer. In Bonn und Moers wurde die avantgardistische Taschenenoper von Elliott Sharp mit dem Titel Die größte Fuge aufgeführt oder der Vibraphonist Christopher Dell bezieht sich explizit auf Beethoven während seines Konzertes auf dem Jazzfest Bonn. Dies sind nur zwei von vielen Beispielen für die aktuelle Beethoven Rezeption im Bereich Jazz und Experimenteller Musik. Nun hat die Oper Köln das Tanzprojekt Flut aufgeführt, in dem Beethovens Musik, mit zeitgenössischer elektronischer Musik und mit modernem Tanz konfrontiert wird.

Das Tanzprojekt Flut sollte, wie so vieles andere, bereits im letzten Jahr zum 250. Geburtstag von Beethoven aufgeführt werden. Das Projekt ist eine Kooperation der Oper Köln mit der Tanzkompanie Emanuele Soavi incompany und den Duisburger Philharmonikern. Es besteht aus drei Teilen, die nur indirekt aufeinander bezogen sind, eine Art von Triptychon. Achim Konrad vom Team der Soavi Company spricht im Programmheft von den drei Teilen als Seele, Herz und Kopf.

Der erste Teil holt Beethoven in die Gegenwart. Die elektronische Musik stammt von Stefan Bohne, dem Leiter des Artheater Köln und Wolfgang Voigt, einem wichtigen Vertreter der Techno Szene und Leiter des Labels Kompakt. Stefan Bohne ist ausgebildeter Schauspieler, hat am Burgtheater in Wien gearbeitet und als Co Regisseur und Theatermusiker gearbeitet.

Auch Voigt der über 160 Alben veröffentlicht hat, war immer an einem Zusammenspiel von Kunst und Musik interessiert verbindet nun verstärkt sein musikalisches und bildnerisches Schaffen. Für beide war die Musik von Beethoven eine neue Herausforderung. Begleitet wird die elektronische Musik von Anja Schröder am Cello, daraus ergeben sich kreative Reibungen und Synergien.

Die Bühne ist fast leer, einige Reste von Häusern sind am Bühnenrand zu sehen. Und natürlich denkt man sofort an die Flutkatastrophe im benachbarten Ahrtal. Eine unheimliche Parallelität, da das Stück schon ein Jahr vorher fertig war.

Die Tänzerinnen sind in weiße transparente Gewänder gehüllt und bewegen sich in Drehungen und Windungen des Körpers, stehend oder am Boden wälzend. Diese Körpersprache bleibt kennzeichnend für das ganze Stück. Soavi lässt seine Tänzer*innen nicht springen, sie bewegen sich wenig vom Boden weg. Ein sehr erdhafter Tanz , der die Körper in immer neuen Verdrehungen und Verwicklungen erleben lässt. Die Tänzer*innen bringen eine enorme Beweglichkeit und Körperbeherrschung mit, die über sie über mehr als zwei Stunden, unterbrochen von zwei Pausen, auch durchhalten.

In die elektronische Musik sind Samples von Beethovens Musik eingeflochten. Wolfgang Voigt bearbeitete Teile aus Beethovens Musik elektronisch und versucht dabei immer nah am Original zu bleiben.

Anfangs drängt die wuchtige und dronige Elektronik das Cello etwas an den Rand. Aber das ändert sich dann im weiteren Verlauf und es gibt viele sehr gelungene Interaktionen von akustischer und elektronischer Musik. Stefan Bohne hat während der Tanz Proben einen Soundtrack entwickelt, den er während der Aufführung live und in Interaktion mit der Cellistin spielt.

Musik trifft auf Tanz, es entsteht ein gemeinsames Agieren, ein Miteinander.

Dies gilt auch für die anderen beiden Teile. Im zweiten Teil trifft ein Streichquartett, das auf der Bühne sitzt, unmittelbar auf die Tänzer*innen. Das Bühnenbild ist nun ein Haus, mit Fenstern und Tür, um das sich die drei Tänzer*innen bewegen. Dabei gibt es skurille Szenen, wenn drei Männer sich eine Jacke anziehen und ihre Körper verschlingen und verbiegen. Oder die Interaktion von drei Männern und einer Frau, in der Emotionen wie Begierde, Eifersucht, Ablehnung oder Zuneigung ausgedrückt werden.

Und auch im dritten Teil, in dem Beethovens 7, Sinfonie, vom Orchester der Duisburger Philharmoniker gespielt wird, folgt der Tanz nicht einfach der Musik, sondern es bleibt bei einer “Begegnung auf Augenhöhe“, wie es Soavi nennt.

Auch die Dirigentin der Philharmoniker Cecilia Castagneto betont diese besondere Konstellation. „Wir sind es in der Kombination mit Tanz sehr oft gewohnt, dass das Orchester die Tänzer*innen begleitet. Aber hier arbeiten wir mit einem gemeinsamen dramaturgischen Konzept.“ Stefan Bohne spricht davon, dass Musik und Tanz zusammen kommen und zusammen atmen.

Die Bühne ist im dritten Teil weit in den hinteren Raum verlängert, eine breite Straße, die zu einem Gebäude führt. Die Tänzer*innen legen nun weite Wege zurück, es bilden sich Gruppen, lösen sich wieder und neue Konstellationen entstehen. Die Kleidung der Tänzer*innen ist dunkel und modern gehalten. Manchmal erinnert sie an Jugendgangs und an die West Side Story. Es passt wunderbar zu Beethovens 7. Sinfonie, die durch ihre rhythmische Betonung bestens für den Tanz geeignet ist.

Dieses Zusammenspiel von Musik und Tanz, dieses gemeinsame Atmen ist durchgehend gelungen. Das Tanzprojekt Flut ist in allen drei Phasen eine fruchtbare Begegnung von tänzerischem und musikalischem Ausdruck. Auf dem Hintergrund einer großen tänzerischen und musikalischen Leistung aller Beteiligten, einschließlich des Bühnenbildes, das einen stimmigen Rahmen für die Interaktionen gibt.

Weitere Projekte mit modernem Tanz und das vollständige Programm:

www.operkoeln.de

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