Stern-Stunde
Alpha Trianguli in der Engelsburg
TEXT: Stefan Pieper | FOTO: Stefan Pieper
Schwingung für die Unendlichkeit
In gedämpftem Licht hatte dann die Musik das Wort in einem nicht zu großen Kaminzimmer des noblen Anwesens – genau richtig für die österreichische Band Alpha Trianguli, deren Musik nun auch ganz besonders das Atmosphärische betont. Besonders beeindruckend, da in guter Klangbrillanz raumfüllend, wirkt der Klang von Florian Klingers Vibraphon, das mit seinen harmonischen Schwingungen eine wohlig entrückte Stimmung erzeugt und wegen seines Nachhalls den Raum in echte „kosmische“ Dimensionen erweitert. Denn genau darum geht es dieser Band, die sich gerne von Sternbildern und ihrer Magie inspirieren lässt. Das gilt vor allem für den Posaunisten Alois Eberl, der sich auch als Astro-Fotograf aus Leidenschaft betätigt. Zu den pulsierenden Texturen von Bassist Philipp Kienberger und Schlagzeuger Jakob Kammerer soliert und improvisiert er in der Engelsburg ausgiebig – so, als wolle er die Sternenkonstellationen direkt in unendliche Melodien übersetzen und das zuweilen auch im Dialog oder im Wechsel mit dem Vibraphon. Manchmal produzierte diese Spielfreude schon etwas zu viele Melodien, wo sich doch die Ausdrucksstärke von Alpha Trianguli vor allem in den ruhigeren Stücken besonders zeigt – ein Eindruck, der sich übrigens auf dem aktuellen hörenswerten Album „Entering Zero Gravity“ fortsetzt. Dieses fand dann auch beim begeisterten Publikum hinterher guten Absatz, ebenso wie ein liebevoller Kalender, bei denen Astrofotografien direkt per QR Code mit den entsprechenden Sternbildern verknüpft werden können – im virtuellen Universum wohlgemerkt...
Wertschätzung und Kooperation
Auch Susanne Pohlen und Bernd Zimmermann, die oft in ihrer Arbeit für die Kultur gegen Widerstände anrennen, durften es sich an diesem Abend gut gehen lassen: Engelsburg-Geschäftsführerin Susanna Goesmann hatte schon bei der Begrüßungsansprache ihre Freude über die neue Kooperation durchblicken lassen und stellte nicht nur der Band, sondern auch den Veranstaltern für diesen Abend ein gemütliches Zimmer zur Verfügung. So geht wertschätzende Kooperation, die letztlich eine Win-Win-Situation für alle Beteiligten ist: FineArtJazz bekam für seinen Jahresabschluss die denkbar prachtvollste Location, um damit auch seinem Stammpublikum ein warmes Dankeschön für dessen Treue zu sagen – und mal eben 60 Restaurantgästen auf einen Schlag tut natürlich dem Umsatz gut, ebenso wie es für das gehobene Traditionshotel einen frischen Input bedeutet, Jazz als gesellschaftliches Ereignis zu zelebrieren.
Kultur findet dort statt, wo man sie nicht vermutet
Nach der Saison ist vor der Konzertsaison bei FineArtJazz- zumindest erst mal für das Jahr 2024: Der Janur beginnt gleich mit einer neuen Raumerkundung: Von der gediegenen Recklinghäuser Altstadt geht es ins industriell-proletarische Gelsenkirchen-Scholven: Mit dem Kunstraum Norten entsteht hier ein neuer Raum für Kunst, betrieben durch die Norten-Stiftung, die sich für die Förderung von Kindern und der bildenden Kunst im Ruhrgebiet stark macht. Über 600 m² Ausstellungsfläche bietet hier ein ehemaliger Coop-Supermarkt! Gespannt sein darf man auf das französische Duo NoSax NoClar, das hier am 21. Januar spielt. Kultur findet -gerade im Ruhrgebiet- oft dort statt, wo man sie kaum vermutet.
Die FineArtJazz-Reihe blickt auf ein ereignisreiches Jahr zurück. Kein Konzert war wie das andere und alles wurde von einem erfolgreichen zweiten New Colours Festival gekrönt. So etwas entschädigt für so manchen Durchhänger, wo wenig Publikum kam. Alles in allem bleibt es eine sportliche Herausforderung, in einer strukturschwachen, weit verzweigten Region, ein Publikum an neue musikalische Klänge heranzuführen – Susanne Pohlen und Bernd Zimmermann sind sich aber der Notwendigkeit dieses Tuns bewusst und bleiben auch nach zehn Jahren an der Sache dran.
Und deshalb durfte der Saisonabschluss auch mal im Recklinghäuser Parkhotel Engelsburg besonders stilvoll begangen werden. Das Parkhotel Engelsburg atmet die Aura des altehrwürdigen „Grandhotels“ und ist in Sachen Kultiviertheit wohl „das“ Kleinod in Recklinghausens Altstadt. So ziemlich alle weltberühmte Prominenz, die Recklinghausen je gesehen hat, ist hier schon abgestiegen. Entsprechend erwies sich die Atmosphäre im Restaurant beim diesjährigen „Jazz and Dinner“-Event als himmlisch im besten Sinne. Circa 60 Jazzfans waren dem Angebot gefolgt, um den Konzertgenuss mit einem vorhergehenden Mehrgänge-Menü zu verbinden.